Aus dem Kieler Rat

KWG-Verkauf:

"Der Mut wird uns nicht verlassen"

Eigentlich sollte es schon in der Ratsversammlung vom 10.6. so weit sein, der endgültige Beschluß zum Verkauf der Kieler Wohnungsbaugesellschaft (KWG) an die Hamburger Spekulantenfirma WCM. 250 Mio. hatte die für das Tafelsilber geboten, ein Preis, der den Rat gefügig machen soll, und für den Investor dennoch ein Schnippchen bedeutet, trotz der zahlreichen Bedingungen, auf die er sich verpflichtet (LinX berichtete). Doch die SPD vertagte die Beschlußvorlage der Verwaltung bis zur Ratsversammlung am 8.7. Ein Sonderparteitag der Kieler "Sozial"demokraten am 29.6. soll erst noch grünes Licht geben.

Es war nicht zu erwarten, daß sich die SPD gegen den Verkauf ausspricht, dennoch unkte CDU-Ratsherr Hein Peter Weyher: "Mich beschleicht der Verdacht, daß die SPD insgeheim hoffte, daß der Verkauf nicht klappen werde." Für seine Fraktion plädierte er für einen sofortigen Beschluß, denn "4 Wochen Verzug kosten die Stadt 8 Mio. DM Zinsen".

Jürgen Fenske, SPD-Fraktionsvorsitzender, beruhigte: "Glauben Sie mir, der Mut wird uns nicht verlassen." Die Initiative zum KWG-Verkauf sei "aus der Mitte dieser Ratsversammlung" gekommen, und der Verkauf sei "eine Chance, die wir uns nicht entgehen lassen dürfen". Zur Rechtfertigung des Deals führte Fenske noch einmal das demagogische Einmaleins der neoliberalen SPD an: Man handle "nicht aus finanzpolitischer Begründung", sondern "im Interesse der Mieter", und nicht zuletzt die Bestätigung der "Sanierungskoalition" in Bremen zeige, daß sich die SPD auf dem richtigen Weg befinde.

Dem widersprachen nur die Grünen. Das marktwirtschaftliche Instrumentarium sei ungeeignet zur Schaffung von sozialem Wohnraum, sagte Ratsherr Kluth. "WCM sind keine Wohltäter, sie investieren im Wohnungsmarkt wegen hoher Gewinne." Vom SUK-Fraktionschef Kottek fing er sich dafür die Bemerkung ein, die Grünen besännen sich "auf ihre kommunistischen Wurzeln, wenn sie ehrbare Hamburger Kaufleute als Kapitalisten diffamieren". Daß jene "ehrbaren Hamburger Kaufleute" bis 1996 (bevor sie diesen Geschäftszweig abstießen) kräftig an den Gewinnen der Nachfolgeorganisationen der IG Farben partizipierten, die wiederum während der Nazi-Diktatur mit der Ausbeutung und Vernichtung von Zwangsarbeitern Profite gemacht hatte, teilte derweil die VVN/Bund der Antifaschisten mit.

Daß die SPD den Millionencoup aller Wahrscheinlichkeit nach durchziehen wird, zeigt die Beschlußvorlage für den Parteitag am 29.6., die der Kreisvorstand am 15.6. formulierte. Darin wird beantragt, dem Verkauf zuzustimmen. Gegenanträge liegen vom Ortsverein Gaarden und der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) vor. Die Gaardener lehnen den Verkauf rundweg ab, während die AfA zwar Gansels Verhandlungsergebnis lobt, aber den Preis von 250 Mio. DM als viel zu niedrig erachtet. Die KWG sei etwa 1,3 Mrd. DM wert, und selbst, wenn man die Schulden in Höhe von 550 Mio. DM abziehe, bleibe immer noch ein Betrag von 750 Mio. DM.

(jm)