auf & davon

Die Hamburger Ausländerbehörde hat 33 afrikanische Flüchtlinge ohne Pass mit Hilfe eines Diplomaten von der Elfenbeinküste angeblich als Ivorier "identifiziert". Der Mann will die Nationalität durch Gespräche herausgefunden haben. Schon früher hat die Behörde zu solchen Mitteln zur Feststellung der Staatsangehörigkeit gegriffen. Damals sollten "ExpertInnen" aus Gambia ihre StaatsbürgerInnen an der Sprache bzw. dem Dialekt erkennen. Diese Herangehensweise ist aufgrund der grenzübergreifenden Verteilung von Dialekten in afrikanischen Ländern mehr als fragwürdig. Fraglich ist auch die Kompetenz von DiplomatInnen für solche Aufgaben. Die Konfrontation der Flüchtlinge mit offiziellen VertreterInnen des Landes aus dem sie - sofern denn die Vermutung der Ausländerbehörde stimmt - geflohen sind, ist zudem eine Zumutung. Derartig zweifelhafte Maßnahmen ergreift die Ausländerbehörde, um Passersatzpapiere beschaffen zu können, die Voraussetzung für die Durchführbarkeit von Abschiebungen sind. Bei der jüngsten Aktion kam es im Vorfeld zu Widerstandsaktionen der 49 vorgeladenen AfrikanerInnen. Als sie erfuhren, daß einige direkt danach in Abschiebehaft genommen wurden, beschädigten sie den Warteraum mit Feuerlöschern und blockierten einen Gefangenentransport zum Untersuchungsgefängnis. Gegen sie will die Ausländerbehörde strafrechtlich vorgehen.

Das Kieler Innenministerium hat - wie berichtet - Abschiebungen nach Kongo-Kinshasa ausgesetzt, um aktuelle Berichte abzuwarten. Der Bericht des Auswärtigen Amtes liegt jetzt vor. Das Innenministerium "wertet ihn zur Zeit aus" und will vorher nichts über den Inhalt verlauten lassen. Grund zur Besorgnis auf Seiten der Flüchtlinge ist sicher gegeben, denn die Berichte verharmlosen häufig die Situation vor Ort. Zwar hat das Außenministerium Ende August neue Leitlinien beschlossen, u.a. die Hinzuziehung von Menschenrechtsorganisationen und Oppositionsgruppen. Doch der jüngste Bericht des Auswärtigen Amtes über die Lage im Irak lässt von einer Verbesserung nicht viel erkennen. Pro Asyl wirft dem Bericht, die Beschönigung eines menschenverachtenden Regimes im Sinne einer Flüchtlingsabwehrpolitik vor. Bedenklich ist grundsätzlich außerdem, dass die Lageberichte nur Behörden und Gerichten zugänglich sein sollen.

In Hamburg wurde eine Kampagne "BürgerInnen beobachten die Ausländerbehörde" ins Leben gerufen. Eine auch für Kiel nachahmenswerte Initiative, da MigrantInnen zum einen häufig der Willkür einzelner SachbearbeiterInnen ausgesetzt sind, zum anderen die Ausländerbehörde bei der praktischen Umsetzung von Gesetzen ausgesprochen rigide vorgeht. So stellt sie z.Z. Flüchtlingen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber faktisch nicht abgeschoben werden können, teilweise nur eintägige Duldungen aus. Die Begründung ist, dass diese Personen die Abschiebehindernisse selbst zu vertreten hätten, z.B. durch Verschleierung ihrer Nationalität. Die Maßnahme kommt einer täglichen Meldepflicht gleich und ermöglicht der Behörde den schnellen Zugriff, falls die Abschiebehindernisse weg fallen. Dabei hat kürzlich das Schleswiger Verwaltungsgericht in einem Urteil festgestellt, dass die Beweislast für das Selbstverschulden eines Abschiebehindernisses nicht bei den Betroffenen sondern bei der Behörde liegt.

(a.w.)