Aus dem Kieler Rat

Sparer gegen Sanierer

Streit im Kieler Rat um die Sanierung des Opernhauses

Sanieren wollen sie alle, die einen den Haushalt, die anderen das Kieler Opernhaus. Die Kieler SPD-Ratsfraktion hat sich die Konsolidierung des maroden städtischen Haushalts auf die Fahnen geschrieben, und diesem Ziel folgt sie (fast) um jeden Preis. Lediglich 16 Mio. von einem ursprünglich anvisierten Sanierungsbedarf in Höhe von 54 Mio. DM will sie ausgeben, um das Opernhaus vor dem Exitus infolge technischer und Sicherheitsmängel zu bewahren. Ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts eines riesigen Modernisierungsstaus des auf dem technischen Stand von 1950 stehen gebliebenen Bühnenapparats, der, so die grüne Ratsfrau Ingrid Jöhnk, zu einem Gutteil "durch unterbliebenen Unterhalt" entstanden ist. Für die SPD ist das 16-Millionen-Paket dennoch die sparsamste Lösung, die trotzdem "alle Erfordernisse der Arbeitsstättenverordnung und des heutigen Standes der Technik" erfüllen werde, wie der Kultur- und Wirtschaftsdezernent Heinz Rethage beteuerte.

(Foto: jm)

Die Opposition aus CDU, Grünen und der SUK hingegen will "Nägel mit Köpfen" machen. Im Gegensatz zur Mehrheitsfraktion präferiert sie die erste der drei Alternativen, die Rethage in einem Sanierungskonzept vorgelegt hat. Kostenpunkt: 26 Mio. DM. Diese Marge ist nicht zufällig gewählt, denn sie schöpft die vom Land für die schleswig-holsteinischen Theater zur Verfügung gestellten Sanierungsmittel voll aus. Den Landeszuschuss eingerechnet kämen auf das Kieler Stadtsäckel im Vergleich zum SPD-Vorschlag 6 Mio. DM Mehrkosten zu. Für die um den ausgeglichenen Haushalt besorgte SPD sind das 6 Millionen zu viel, besonders vor dem Hintergrund eines unbezahlbaren Sanierungsbedarfs von 90 Mio. DM allein bei den Schulgebäuden. CDU und Grüne hingegen rechtfertigen den Mehraufwand mit "nachhaltigem Wirtschaften". Das bedeute, "nicht nur Geld zu sparen, sondern es sinnvoll auszugeben", sagt die grüne Ratsfrau Edina Dickhoff. Und Helga Helmig, kulturpolitische Sprecherin der CDU, sekundiert: "Zum Sparen mit Weitblick gehören Investitionen zum richtigen Zeitpunkt."

Über letzteren ist man im Rat geteilter Meinung. Hatte die SPD noch im September die Opernhaussanierung mit Dringlichkeitsanträgen eingebracht, um die Landesmittel rechtzeitig auszuschöpfen zu können, will sie sich mit der Entscheidung jetzt bis zu den Haushaltsberatungen im Dezember Zeit lassen. Der Grund dafür ist weniger ein sachlicher als ein taktischer. Mit nur einer Stimme ist die absolute Mehrheit der SPD im Kieler Rat denkbar knapp. Und diese eine Stimme war der SPD zehn Tage vor der Ratsversammlung am 14.10. abhanden gekommen. Die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Ute Kohrs-Heimann, hatte im Kulturausschuss mit der Opposition für die "große" Sanierungslösung gestimmt - "aus Gewissensgründen". Die Folge waren hektische Fraktionsklausuren, in denen Kohrs-Heimann zur Räson gebracht werden sollte - zunächst vergeblich. Um im Rat eine Schlappe wie im Kulturausschuss zu vermeiden, zog man den Antrag für die "kleine" Lösung kurzerhand zurück. Debattiert wurde trotzdem, weil die Opposition ihren interfraktionellen Änderungsantrag aufrecht erhielt. Schließlich blieb der SPD keine andere Möglichkeit, als die Sanierungsentscheidung zurückzustellen. Wohl im Sinne eines Kompromisses hob Ute Kohrs-Heimann dafür ihre Hand.

Denn einen Tag vor der Ratsversammlung hatte der Oberbürgermeister und Kämmerer Norbert Gansel (SPD) aus dem Urlaub Tacheles gefaxt: "Die bisher erreichte Konsolidierung des Haushalts hat die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessert. Wer den Erfolg dieser Politik und die dazugehörigen Mehrheiten aufs Spiel setzt, muss wissen, dass er damit auch meinen Verbleib im Amt aufs Spiel setzt." Diese unverblümte Rücktrittsdrohung rettete die dünne Ratsmehrheit. Die Mitarbeiter im Opernhaus, in deren Auftrag der Personalrat Horst Zimmermann für die "große" Sanierung plädiert hatte, bleiben somit weiter im Ungewissen. Denn dass Ute Kohrs-Heimann wegen der Sanierungsfrage den SPD-Haushalt platzen lassen wird, ist eher unwahrscheinlich.

(jm)