Kommentar

Quer zur Quote

Die PDS im nördlichsten Bundesland hat es schwer. Für die Landtagswahl im Februar zu kandidieren und eine Liste aufzustellen, wie am 31.10. bei der Landesversammlung in Kiel geschehen, bedeutet einen unerhörten Kraftakt. Vor diesem muss man angesichts der vielfachen Belastung der Kandidierenden wie des Landesvorstandes den Hut ziehen. Schließlich ermöglicht die PDS damit den seit dem 28.9.98 gefrusteten linken WählerInnen im Simonis-Land, die Rosa-Grün keine Stimme mehr geben können, eine Alternative zum Wahlboykott.

Dennoch, der Kraftakt forderte auch Opfer, die kritisch bedacht werden müssen. Die personelle Schwäche des Landesverbandes und seine geringe bis gänzlich fehlende Fähigkeit zur Bündnispoltik mit Organisationen wie etwa der DKP hatte zum Üblichen geführt - zu wenige kandidierende Frauen, um die im Statut der Partei festgeschriebene Quotierung einzuhalten. Was tun? Nun, wichtiger als statuarische Prinzipien scheint die Beteiligung an der Landtagswahl an sich zu sein. So wurde die Quotierung nach langer Diskussion aber doch kurzerhand per Geschäftsordnungsantrag auf Ende der Debatte außer Kraft gesetzt. Begründung erstens: Sonst kommen wir hier nicht zu Potte. Begründung zweitens: Wir brauchen 10 Leute auf der Liste, um die Belastungen des Wahlkampfes durchzustehen - drei kandidierende Frauen hätten allenfalls 6 Listenplätze ermöglicht. Begründung drittens: Der Landesvorstand gesteht larmoyant seine Versäumnisse um die Einbindung von Frauen und sieht es als "politische Aufgabe für die Zukunft", hier bessere Verhältnisse zu erringen.

Auf diese Zukunft dürfen wir - vor allem die Frauen - noch lange warten, solange Wahlen und ihr von den Herrschenden diktiertes Procedere zum Prinzip erhoben und die eigenen, dagegen gerichteten Prinzipien mal eben dafür geopfert werden.

Dabei ist es fast schon überflüssig zu erwähnen, dass die Wahlen zur Landesliste der Nord-PDS eher unter der Maßgabe der Befriedigung persönlicher Eitel- und Befindlichkeiten durchgeführt wurden als mit Bedacht auf die Repräsentation wichtiger politischer Gruppen. So findet sich an Platz 4 der Liste zwar ein Parteiloser aus der Friedensbewegung, dies aber auch mehr zufällig, weil der pensionierte Pastor Volker Bethke ein - im positiven Sinne - rhetorisches Talent ist. Die in der Disziplin des geschliffenen Wortes nicht so geübten zwei aktiven Gewerkschaftsvertreter wurden dagegen nicht mal "Anstands halber" auf hintere Listenplätze gewählt.

Was das für die PDS S.-H. bedeutet, nämlich das Vertun einer Chance, in den Gewerkschaften die wegen Sozialraubmord schon bröckelnde Vorherrschaft der SPD-Orientierung aufzubrechen, wurde nicht reflektiert. Wie auch, wenn die Prozente die Inhalte instrumentalisieren und wenn der Berliner Parteivorstand besonders zur Erringung der ersteren "professionelle Hilfe" aufdrängt. Wäre man missgünstig, würde man der PDS S.-H. angesichts dessen eine weitere lehrreiche Runde außerhalb des Parlaments wünschen - vor allem aber ein bisschen Nachhilfe von den Frauen.

(jm)