auf & davon

Die Verwaltungsvorschriften für das neue Staatsbürgerschaftsrecht wurden am 1.12. beschlossen. Die wesentlichen Knackpunkte wie die Prüfung der Verfassungstreue und der Sprachkenntnisse sind wegen unterschiedlicher Auffassungen der Länderkompetenz überlassen worden. Innenminister Wienholtz kündigte an, dass es in Schleswig-Holstein keine Regelanfrage beim Verfassungsschutz geben wird und die Beamten der Ausländerbehörden nach Ermessen entscheiden, ob die Sprachkenntnisse ausreichend sind. Das ist für Einbürgerungswillige in Schleswig-Holstein grundsätzlich erfreulich. Allerdings kann die Tatsache, dass die Ausländerbehörden weitgehend in alleiniger Zuständigkeit über Einbürgerungsanträge entscheiden, auch bedeuten, dass die Entscheidungen auch ihrer Willkür unterliegen. Im übrigen wird zwar die Einbürgerungsfrist von 15 auf 8 Jahre gesenkt, dafür werden die Gebühren von 100 auf 500 DM pro Antragsteller erhöht.

Die Gutscheinumtausch-Initiative in Hildesheim hat am 6.12. den Preis "Demokratie leben" bekommen. Die Initiative wurde ausgezeichnet, weil sie "Flüchtlingen, die nach Gesetzeslage lediglich Gutscheine erhalten, durch Verfügung über Bargeld ein Stück Menschenwürde zurückgebe". So die Pressestelle des Bundestages, der diesen Preis ausgelobt und die Initiative als Preisträgerin ausgewählt hat. Es handelt sich um eben jenen Bundestag, der verantwortlich ist für die erwähnte Gesetzeslage, die den Flüchtlingen Bargeldzahlungen vorenthält. Immerhin wird so jetzt amtlich, was Unterstützergruppen und Flüchtlingsorganisationen schon immer behaupten, nämlich, dass dieses Gesetz menschenunwürdig ist. Auch wenn die Preisverleihung wie Realsatire anmutet, stärkt sie der Initiative in ihrer Auseinandersetzung mit dem Land Niedersachsen den Rücken und ermutigt vielleicht auch andernorts Initiativen, gegen das Asylbewerberleistungsgesetz Maßnahmen zu ergreifen. In Schleswig-Holstein setzen sich seit längerem UnterstützerInnengruppen mit dem Gutschein- bzw. Schecksystem auseinander. In einigen Kreisen wird inzwischen von dem Spielraum, der auch Bargeldzahlung ermöglicht, Gebrauch gemacht. Ziel bleibt, dass der Bundestag seine Erkenntnisse in gesetzgeberische Maßnahmen zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes umsetzt.

In der ersten Dezemberwoche wurde in den frühen Morgenstunden eine vierköpfige armenische Familie aus der Flüchtlingsunterkunft in Stohl geholt und nach Armenien abgeschoben. Verantwortlich für die Eilaktion zeichnet die Ausländerbehörde des Kreises Rendsburg-Eckernförde. Ein amtsärztliches Gutachten hatte die in Frage stehende Reisefähigkeit eines Familienmitgliedes bestätigt, so dass die gerade verlängerte Duldung keine Gültigkeit mehr hatte.

In Bremen hat die Ausländerbehörde Passfotos einer Iranerin retuschiert, um für ihre Abschiebung Passersatz-Papiere zu erhalten (LinX berichtete). Die iranische Botschaft akzeptiert nur Passfotos von Frauen mit Kopftuch. Die betreffende Kurdin aus dem Iran lehnt aber das Tragen des Kopftuches ab, da sie gerade wegen ihrer Opposition gegen die Frauen-Unterdrückung, die sich auch in dieser strengen Kleidungsordnung äußert, im Iran verfolgt wurde. So montierte die Ausländerbehörde kurzerhand ein Kopftuch in die Fotos hinein. Nach Protesten des Anwalts und der Öffentlichkeit nahm sie jetzt von einer Verwendung der manipulierten Fotos Abstand.

Die auf der Innenministerkonferenz im November beschlossene Altfallregelung (LinX berichtete) wird wegen der vielen einschränkenden Bedingungen nur wenigen Flüchtlingen zugute kommen. Bayern hat sogar vor, Flüchtlinge, die sich im Kirchenasyl befinden, von der Regelung auszunehmen, da sie ihren Aufenthalt widerrechtlich verlängert hätten. Dabei war gerade die Aussicht auf Legalisierung durch die angekündigte Altfallregelung ein Motiv für die betreffenden Gemeinden, Kirchenasyl zu gewähren. Bestandteil des lauen "Kompromisses" der Länder, der eine Altfallregelung überhaupt ermöglichte, ist die Zusage Schilys, Kosovo-AlbanerInnen in "erheblichem Umfang" im kommenden Frühjahr abzuschieben.

(a.w.)