Aus dem Kieler Rat

Sanierung light

"Kleine" Opernhaussanierung und Theater GmbH - Kaputtsparen im Kulturetat

"Wenn wir im Oktober abgestimmt hätten, dann wäre die große Lösung mit den Stimmen von CDU, SUK, Grünen und einer Stimme aus der SPD längst beschlossen", erinnerte der CDU-Fraktionsvorsitzende Arne Wulff in der Debatte um die Opernhaussanierung an die skandalöse Taktiererei, die SPD und Verwaltung in der Oktober-Ratsversammlung betrieben hatten. Es gab damals bereits einen interfraktionellen Antrag der Opposition zur großen Lösung, der eine Mehrheit gehabt hätte, weil Ute Kohrs-Heimann, die kulturpolitische Specherin der SPD, dafür stimmen wollte (LinX berichtete). Kurzerhand zog die Verwaltung ihren Leitantrag für die kleine Lösung zurück, und die SPD vertagte mangels Mehrheit - aber dann mit Kohrs-Heimanns Stimme - die Sache auf die Haushaltsberatungen.

Fotomontage: jm

Zu denen hatte die SPD nun zwei Stimmen aus den Reihen der SUK gewonnen, so dass Kohrs-Heimann ohne Mehrheitsgefährdung ihrer Fraktion ihre "Gewissensentscheidung" für die große Lösung treffen konnte, aber die kleine Lösung beschlossen wurde. Und noch eine weitere Infamie hatte sich die SPD einfallen lassen. Zu einem 5 Punkte umfassenden interfraktionellen Prüfauftrag zur Gründung einer Theater GmbH stellte sie zusammen mit der SUK (und brachte ihn deswegen auch durch) einen Ergänzungsantrag mit zwei weiteren Punkten. Darin beschlossen die beiden neuen "Koalitionäre", dass die Prüfung "zügig erfolgen", solle, "damit im Falle einer GmbH-Gründung rasch geklärt werden kann, ob die GmbH über die städtischen Mittel zur kleinen Lösung der Opernhaussanierung hinaus eine eigene und zusätzliche Finanzierung zur umfassenden Sanierung des Opernhauses darstellen kann".

Mit anderen Worten zweierlei: Zum einen gaben SPD und SUK damit zwischen den Zeilen zu, dass die kleine Lösung keine "umfassende Sanierung" ist, was sie auf dem Podium immer wieder bestritten hatten, so etwa Wolfgang Kottek (SUK): "Das Opernhaus bleibt auch bei der kleinen Lösung bespielbar", dem sich SPD-Fraktionschef Jürgen Fenske "voll anschloss". Zum anderen wird wiedereinmal städtische Verantwortung durch eine Privatisierung abgewälzt. Das privatisierte Theater, soll halt selbst sehen, wie es das Geld für die dringend notwendige große Lösung zusammenbekommt. Fenske: "Wenn die GmbH meint, sie kann es sich leisten, noch mehr zu investieren, dann soll sie dafür die Freiheit haben." Deutlicher kann eine Absage an den städtischen Kulturauftrag kaum sein.

Entsprechend legten sich Grüne und CDU gegen dieses heuchlerische Kaputtsparen ins Zeug. Ingrid Jöhnk (Grüne): "Die große Lösung ist kein Geschenk an eine Kulturelite, sondern sichert Arbeitsplätze am Opernhaus. Bei der kleinen Lösung werden die Arbeitsbedingungen zwar etwas besser, aber sie sind immer noch weit unter arbeitsrechtlich vertretbaren Standards." Wulff: "Mit der Sanierung des Opernhauses wird die Theater GmbH bereits überfordert, bevor sie überhaupt gegründet ist und ist damit schon jetzt ein totgeborenes Kind." Einen Klopfer lieferte noch "Kultur"dezernent Heinz Rethage: "Wenn ich Geschäftsführer der Theater GmbH wäre, würde ich natürlich die große Lösung machen." Vergeblich war auch der Appell des Personalratsvorsitzenden der Bühnen Zimmermann für die große Lösung. Ursprünglich sei einmal ein Sanierungsbedarf von 54 Mio. DM gutachterlich festgestellt worden. Was man für die nun bewilligten 16,7 Mio. bekomme, wisse niemand. Mit den 26,8 Mio. der großen Lösung wären aber auch wieder Einsparungen durch Synergieeffekte, z.B. die Einrichtung einer Zentralwerkstatt, möglich gewesen. Diese Chance sei nun verspielt.

In der Tat hat die SPD mit ihrer kleinen Lösung, die nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein des baulich maroden Opernhauses darstellt, erneut unter Beweis gestellt, dass sie zu einer auf Nachhaltigkeit zielenden und längerfristig rentierlichen Kulturpolitik nicht fähig ist. Und mit dem Prüfauftrag zur Theater GmbH nimmt sie, diesmal im Verein mit allen Fraktionen, gleich die nächste Demontage in Angriff. Denn das ist inzwischen Usus im Rat. Die Prüfung ist immer schon die Vorentscheidung. Die Prüfung liefert immer das gewünschte Ergebnis. Die Bühnen (und damit auch das Publikum) bekommen diese Sabotage des kulturellen Lebens in Kiel bereits zu spüren. Einen Tag vor der Ratsversammlung erklärte der gefeierte Ballettchef Stephan Thoss - wie viele seiner Kollegen nicht zuletzt durch die GmbH-Diskussion zermürbt -, dass er Kiel zum Ende der Spielzeit verlassen werde. In Hannover, wohin er wechselt, stünden ihm fast doppelt so viele TänzerInnen wie in Kiel zur Verfügung.

(jm)