Ratssplitter

Nicht nur mit den dauernd lästige Anträge stellenden FreizeitpolitikerInnen in der Ratsversammlung hat es die Verwaltung schwer, sondern auch mit nicht minder lästigen Bürgerbeteiligungen. So will Stadtbaurat Flagge "in Bagatellfällen" die Bürgerbeteiligung bei der Erstellung von Bebauungsplänen "zunächst aussetzen". Die Bürgerbeteiligung könne sich dann, so hieß es im schönsten Flaggeschen Amtsdeutsch, "dann ja noch nach Fertigstellung des B-Planes und vor seiner endgültigen Beschlußfassung im Rat ereignen".

Geschäftsordnungen sind ebenso eine schwierige Sache. Wenn es in einem Antrag um Persönliches, z.B. Personalfragen geht, wird er in der nicht-öffentlichen Sitzung der Ratsversammlung behandelt. Doch selbst in der Kieler Ratsversammlung ist das Private manchmal politisch. So stritt man sich am 21.1. mehrfach und langandauernd darüber, ob ein Antrag der Grünen zur "(Wieder)besetzung von Direktorenstellen städtischer Gesellschaften" in der öffentlichen Sitzung behandelt werden durfte. Allzu deutlich ging es nämlich in dem Antrag um das "Beispiel" VVK, deren Leiter Kregel-Olff bezichtigt worden war, einen privaten Schadensfall ganz "politisch" über eine Versicherung der VVK abgewickelt zu haben. Zwar konnten diese Vorwürfe nicht eindeutig verifiziert werden, bzw. konnte man daran im Gewirr des SPD-Filzes nichts Schlimmes finden, doch sollte eben der Name Kregel-Olff auf gar keinen Fall fallen. Da aber ohnehin jeder im Saal wußte, daß Kregel-Olff gemeint war, geriet die Geschäftsordnungsdebatte über Kregel-Olff zu einem netten Possenspiel der Ratsversammlung aus Schilda - 'tschuldigung: Kiel.

Die CDU sieht sich bei den Ladenöffnungszeiten in der Zwickmühle. Einerseits ist sie einer der vehementesten Anwälte der Deregulierung und "Liberalisierung" auch in diesem Bereich. Andererseits muß sie ihre Klientel der Einzelhändler vertreten. Letztere waren nicht sonderlich begeistert von der im "Hauruck-Verfahren" durchgedrückten Ladenöffnung bis 21 Uhr am 5.12. (LinX berichtete). Für den Ratsherrn Cordes (CDU) hat die Stadt "damit wiedereinmal bewiesen, wie unsensibel sie mit dem Einzelhandel umgeht". Alleiniger Nutznießer der Regelung sei der Sophienhof gewesen. Aber: "Wir sind für die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten - aber bitte mit mehr Vorlauf."

Die SPD will ein "Informations- und Wegweisungssystem für den Fremdenverkehr". Die Schilder dazu sollen mehrsprachig beschriftet werden, neben Deutsch auch in Englisch und skandinavischen Sprachen. Die Grünen hatten zu letzterem den Ergänzungsantrag "auch in Türkisch" gestellt - wohl nicht ganz ernst gemeint. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Arne Wulff meinte dazu - nach der Debatte über die doppelte Staatsbürgerschaft (siehe Artikel in dieser LinX): "Was heißt eigentlich 'Doppelte Staatsbürgerschaft' auf Türkisch?" "Çifte Vatandaslik", Herr Wulff - aber das verstehen Sie ja auch auf Deutsch nicht.

(jm)