Aus dem Kieler Rat

Markttag in Kiel-Schilda

SPD überlegt Verlegung des Wochenmarkts vom Exer auf den Rathausplatz

Man könnte meinen, das Sommerloch mit seinen politischen Spiegelfechtereien sei in der Ratsversammlung schon im März ausgebrochen. Auf der Suche nach Themen, die sie originär besetzen kann, ist die SPD auf den Standort des Wochenmarktes verfallen. Den wollte sie, wenn auch in einem Prüfauftrag für die Verwaltung etwas verklausuliert formuliert, vom Exer auf den Rathausplatz verlegen. Grund: Der Rathausplatz ist meist verweist und soll als "städtebauliches Kleinod" im Stadtzentrum belebt werden. Gegen diesen Plan hatten sich schon im Vorfeld viele Marktbeschicker, Geschäftsinhaber rund um den Exer und nicht zuletzt viele Stimmen aus der Bevölkerung ausgesprochen. Die SUK hatte gemutmaßt, der Exer solle nach der Verlegung des Wochenmarktes ausschließlich als gebührenpflichtiger Parkplatz dienen, auf dem die Stadt "abkassieren" will.

Verlegung auf den Rathausplatz? - Wochenmarkt am Exer (Foto: jm)

So schien der Vorschlag schon vor der Ratsversammlung zum Bumerang für die Spezialdemokraten zu werden, weshalb ihn der Fraktionsvorsitzende Fenske abschwächte: "Wir wollen nichts übers Knie brechen. Kiel soll gewinnen, beide Plätze sollen gewinnen." Über eine bessere städtebauliche Einbindung von Exer und Rathausplatz gab es in der Ratsversammlung jedoch auch keinen Dissenz. Die Grünen stellten einen Alternativantrag, in dessen erster Ziffer sich die Ratsversammlung gegen eine Verlegung aussprechen, gleichwohl aber der OB ein neues Nutzungskonzept für die beiden Plätze und zusätzlich auch für den Wilhelms- und Blücherplatz vorlegen sollte. Denn außer an den Markttagen herrscht auf allen Plätzen die Ödnis ruhender Verkehrslawinen.

In der Diskussion wurde jedes "Argument" der SPD für eine Verlegung sachlich ad adsurdum geführt (Beispiele: Rathausplatz ist schon wegen seiner unzureichenden Versiegelung und weitaus schlechterer Verkehrsanbindung nicht geeignet, Exer gehört zu den bestausgestattetsten Marktplätzen Norddeutschlands). So konnte Fenske bald nur noch kleinlaut wettern, man werde "ja wohl noch Ideen haben dürfen". Und auch OB Gansels Spekulationen, man könne doch unter dem Exer eine Tiefgarage (!) anlegen, wenn man einen Investor finde, schienen ebenso hergeholt wie die Befürchtung, der geplante Ausbau der Ostseehalle könne zumindest zweitweilig ein Ausweichquartier für den Markt erfordern.

So sah die SPD-Fraktion schließlich selbst ein, daß ihr Vorschlag weder Hand noch Fuß hatte, und Fenske zog den Antrag zurück. Man wolle nunmehr den Antrag der Grünen unterstützen, bis auf dessen Ziffer 1. Dieser politische Offenbahrungseid zog dann - Lieblingsspiel der FreizeitpolitikerInnen im Rat - eine ausgedehnte Geschäftsordnungsdebatte nach sich, ob ein Alternativantrag noch bestehe, wenn der Hauptantrag zurückgezogen sei, und ob man zu einem Alternativantrag wiederum einen Alternativantrag stellen könne. Nach einigen geschäfts(un)ordentlichen Klimmzügen wurde gegen die Stimmen der CDU ein nichtssagender und gänzlich unübersichtlicher Mix aus ursprünglichem SPD- und Grünenantrag beschlossen, demnach die Ratsversammlung einer Verlegung nur nach Prüfung einer Liste von Punkten zustimmen werde. Mit anderen Worten: Es wurde lediglich ein überflüssiger Prüfauftrag an die Verwaltung gegeben, von dem der CDU-Fraktionschef Wulff treffend meinte, er werde der Verwaltung viel Arbeit machen, ohne daß feststehe, "was die Ratsversammlung eigentlich will". Und auch an der Mutmaßung des CDU-Ratsherrn Kramer ist wohl etwas Wahres dran, nämlich das die SPD mit ihrem Schildbürgerstreich lediglich von ihren aktuellen Fraktionsquerelen anläßlich der Besetzung des Aufsichtsrates der Stadtwerke (LinX berichtete) ablenken wollte.

(jm)