Ratssplitter

Schleierhafte Transparenz zeigt der neu vorgelegte Bericht über die Beteiligungen der Stadt Kiel an Wirtschaftsunternehmen. Man befinde sich mit dem Bericht "noch in der Erprobungsphase", meinte Wirtschaftsdezernent Rethage bei der Vorstellung in der Ratsversammlung vom 22.4. Zu dieser "Erprobung" gehört offenbar auch, daß der Bericht nur wenig zur Kieler Sparkasse enthält. Die habe man, so Rethage, "zunächst außenvor gelassen", der entsprechende Teil werde nachgereicht. Ob dies mit dem unbändigen Experimentierwillen der Verwaltung bei der Offenlegung ihrer Aktivitäten zusammenhängt, oder mit den Gerüchten, daß die Sparkasse durch aufgeflogene Kredite, die allzu leichtsinnig vergeben wurden, in Schwierigkeiten sei (LinX berichtete), muß an dieser Stelle "außenvor" gelassen werden. Wird nachgereicht.

Ausnahmsweise mal bürgerInnennäher und basisdemokratischer als die Grünen scheint die CDU in Sachen der Ausgestaltung des Gaardener Bahide-Arslan-Platzes zu sein. Zwar hat die Familie Arslan inzwischen der Benennung des Platzes nach ihrer durch einen neo-faschistischen Brandanschlag ermordeten Angehörigen zugestimmt, doch streitet man noch um die Gestaltung des Platzes. SPD und Ortsbeirat wollen eine Skulptur auf den Platz stellen, die aber offenbar wenig mit dem Umstand seiner Benennung zu tun hat. Jakob Vieregge, CDU-Ratsherr, möchte dagegen "die Kreativität und den Einfallsreichtum der Einwohner" in die Platzgestaltung einbeziehen und forderte nochmalige Beratung. Dafür sah Edina Dickhoff, Fraktionsvorsitzende der Grünen, keinen Anlaß: "Die Bürgerbeteiligung hat schon stattgefunden. Das Ergebnis findet allgemeine Zustimmung." Der CDU-Änderungsantrag wurde mit den Stimmen von SPD und Grünen abgewiesen.

Der OB Norbert Gansel, uneingeschränkter Inhaber der Personalhoheit, hat "umkoordiniert". Ergebnis: Neue Stellen in seinem Büro für "Planungs- und Steuerungsaufgaben". Ist der OB dafür bekannt, treue, um nicht zu sagen, willfährige, Stadtangestellte um sich zu scharen, so fragte sich nicht nur CDU-Fraktionschef Wulff, warum im Büro des OB, der doch immer alles zur Chefsache und damit selber machen will, inzwischen allein 9 Stellen unter dem Gummititel "Steuerungsaufgaben" existieren. Das OB-Büro ähnele mittlerweile einem "ministerialen Staatssekretärsaufbau". Gansel rechtfertigte seinen Stellenhunger damit, daß keine neuen Stellen geschaffen, sondern nur Stellen verlagert worden seien. Überdies habe sein Büro nur einen einzigen Fahrer, nicht sehr repräsentativ. Und außerdem machten seine Mitarbeiter "ständig Überstunden, die sie nicht einmal aufschreiben und der Stadt in Rechnung stellen". Ja, so selbstlos sind der OB und seine Mannen (und Damen). Da darf die CDU - und überhaupt niemand - nicht meckern.

Was wäre die Ratsversammlung ohne die Pausen und den dabei geschlürften Kaffee beim Koalitionstechtel und Oppositionsmechtel auf dem Gang? Da sich die Stadt laut angenommenem Antrag der Grünen an den landesweiten Aktionstagen zur "Unterstützung fairgehandelter Produkte" vom 10.6. bis 10.7. beteiligt, regte Ratsherr Konrad Wetzel (SPD) an, man solle doch auch fair gehandelten Kaffee im Rathaus anbieten. Wirtschaftswächter Kottek (SUK) opponierte: "Freie Unternehmer dürfen nicht dazu gezwungen werden, fair gehandelten Kaffee anzubieten." Wetzel konnte ihn beruhigen. Der SPD-Antrag sehe lediglich das zusätzliche Angebot solchen Heißgetränks in den Ratspausen vor. Kottek und Kumpanen dürfen also weiterhin den billigen Ausbeuterkaffee süffeln. Denn schließlich ist das hier ein freies Land mit freiem Kaffee für freie Bürger.

(jm)