KERNspalte

Das Sozialgericht der Stadt Nordhausen hat das Leiden eines an Krebs erkrankten Menschen als Berufskrankheit anerkannt. Dieses infolge einer Klage gegen die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen gefällte Urteil wird hoffentlich neue Wege im Umgang mit strahlenden Materialien, bzw. dessen Folgen aufzeigen. Der Kläger war zur Zeit des GAU in Tschernobyl eingesetzt worden, um an der damaligen deutsch-deutschen Grenze bei Herleshausen radioaktiv verseuchte LKW abzuwaschen (!). 15 seiner MitarbeiterInnen sind ebenfalls an Krebs erkrankt, 6 bereits daran gestorben. Während Prof. Winkler (Chefarzt im Marin-Luther-Krankenhaus in Schleswig) in seinem Gutachten von einem "schicksalhaften Leiden" sprach, erklärte Prof. Kuni vom Radiologischen Institut der Uni Marburg, es handele sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine berufsbedingte Krankheit, insbesondere durch das Zusammentreffen von Darm- und Prostatakrebs. Es wäre tatsächlich ein einschlagendes "Schicksal", daß jene 22 ArbeitskollegInnen zugleich an Krebs erkrankten.

A propos verseuchte Transportfahrzeuge. Für die Polizei, die im März den Castortransport nach Ahaus schützte, bestand natürlich keine Gefahr, denn die Strahlung, die von den Castoren ausging, wurde sehr gewissenhaft überwacht. Das hat anscheinend die Auswertung von Dosimeteraufzeichnungen ergeben. Den damals mit Meßgeräten ausgestatteten Beamten wurden im letzten Monat ihre persönlichen Dosimeterdaten mitgeteilt. Peinlicherweise erhielten auch einige Beamten eine solche persönliche Mitteilung, die überhaupt kein Dosimeter bei sich trugen.

Im Kernkraftwerk Obrigheim ist Mensch vermutlich vorerst den Konsequenzen eines Transportstops entkommen. Geschäftsführer Michael Wenk rechnet demnächst mit der Genehmigung für das bereits errichtete Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände. Dort sollen bis zu 30 Jahresladungen hochradioaktiven Abfalls des Kraftwerkes gelagert werden, was einer Anzahl von 980 Brennelementen entspricht.

Hingegen wird es für das Kernkraftwerk Stade heikel. Spätestens im Frühjahr 1999, wenn die Brennstäbe ausgewechselt werden, muß aus Platzgründen von hier ein Transport starten, es sei denn das AKW wird abgeschaltet (vgl. Kernspalte in LinX 16/98). Neben einem Teil der Anti-AKW-Bewegung konzentriert sich daher auch die Umweltschutzgruppe Greenpeace auf Stade. In verschiedenen Aktionen machte sie in diesem Monat auf das veraltete Atomkraftwerk aufmerksam. So installierte sie beispielsweise einen 8 m langen Abschalthebel auf dem AKW, projizierte Dias auf die Kuppel und stellte einen Abrißbagger, der allerdings mit 24 Jahren noch jünger als das Kernkraftwerk ist, vor die Staatskanzlei in Hannover. Eine Stellungnahme von dem Chef der niedersächsischen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde, der zugleich Mitglied im Aufsichtsrat des AKW Betreibers ist (Schröder), läßt noch immer auf sich warten; von einer überfälligen Handlung ganz zu schweigen. Die Umweltgruppe zeigte allerdings auch Alternativen in Form eines "Zehn-Punkte-Programms für einen Ausstieg bis 2005" sowie mit der "Aktion Stromwechsel" auf.

Zum bundesweiten Aktionstag in Stade am 12.9. rufen auch Kieler AtomkraftgegnerInnen auf. Genauere Informationen dazu gibt es in der nächsten LinX und auf der Anti-Castor-Solidaritätsparty (vgl. nebenstehende Ankündigung).

(us)