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Kombilöhne  –  Nein Danke!

Die Union drückt bei der von der großen Koalition geplanten Einführung eines Kombilohnes aufs Tempo. Für besonders schwer zu vermittelnde Langzeitarbeitslose will sie die Kombilöhne bereits zum 1. Januar 2007 einführen, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Laurenz Meyer. Der  Einkommens- zuschuss für Kombilöhne sollte zunächst Problemgruppen am Arbeitsmarkt - etwa den unter 25-Jährigen, über 55-Jährigen und allein erziehenden Frauen - zu Gute kommen. Davon könnten etwa eine Million Langzeitarbeitslose profitieren. Die Details der Regelung, besonders die Frage, wie Lohn und Zuschuss für jeden Einzelnen festgelegt werden, müssten im ersten Halbjahr 2006 geklärt werden, unterstrich Meyer. Klar sei, dass es regionale Unterschiede geben werde.

Unter Kombilohn versteht man im engeren Sinne staatliche Transferleistungen an ArbeitnehmerInnen zur Aufstockung besonders niedriger Löhne.  Lohnkosten- zuschüsse an den Arbeitgeber zur Einstellung von ArbeitnehmerInnen fallen nicht unter diese Definition. Kombilohnmodelle sollen  vor allem die Situation nicht oder gering qualifizierter ArbeitnehmerInnen, die besonders von  Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, verbessern. Die staatliche Subventionierung von Niedriglöhnen soll angeblich dazu beitragen, dass diese Gruppe besonders benachteiligter ArbeitnehmerInnen stärkere Anreize erhält, auch solche Tätigkeiten anzunehmen, deren Entlohnung unter oder nahe am Niveau der staatlichen Transfer-Leistungen (z.B. Arbeitslosengeld II) liegt. Auf der Nachfrageseite sollen Kombilöhne Tätigkeiten im Niedriglohnbereich wettbewerbsfähiger machen. Das Kombilohnkonzept geht dabei von der Annahme aus, dass Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich wegen der Konkurrenz zu staatlichen Sozialleistungen zwar derzeit in Deutschland kaum angeboten werden, aber latent vorhanden sind.

Kombilohnähnliche Instrumente kennt bereits das geltende Recht. So kann erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung (oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit) ein zeitlich befristetes Einstiegsgeld gewährt werden (§ 29 SGB II). Dies gilt seit dem 01.10.2005 auch bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit aufgrund der Aufnahme der Erwerbstätigkeit. Auch mit der Entgeltsicherung für ältere ArbeitnehmerInnen (§ 421j SGB III) wurde durch die sog. Hartz-Gesetzgebung ein Kombilohnelement eingeführt, das die Anreize für über 50-jährige Arbeitslose, eine Beschäftigung aufzunehmen, steigern soll. Die seit dem 01.10.2005 „verbesserten“ Freibetragsregelungen für erwerbstätige Bezieher von Arbeitslosengeld II stellen ebenfalls einen Schritt in Richtung Kombilohn dar.

In Deutschland sind in den letzten Jahren bereits eine Reihe verschiedener Kombilohnmodelle in Form regional begrenzter und zeitlich befristeter Projekte zum Einsatz gekommen. Sie waren in Bezug auf Zielgruppenbestimmung und Konzeption sehr heterogen, fanden allerdings insgesamt - gemessen an der Größe der arbeitsmarktpolitischen Problemgruppe – eher zurückhaltende Resonanz. Erwähnenswert ist das sog. Mainzer Modell, das nach mehrjährigem Einsatz in Rheinland-Pfalz und Brandenburg von März 2002 bis März 2003 im Rahmen des arbeitsmarktpolitischen Sonderprogramms CAST bundesweit erprobt wurde. Das Programm zielte vorwiegend auf gering Qualifizierte und Langzeitarbeitslose und sah Zuschüsse zu den Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer und Kindergeldzuschläge vor. Nach einer Evaluationsstudie des BMWA zum Mainzer Modell konnten zwar insbesondere für Personen mit Kindern im Einzelfall finanzielle Verbesserungen erreicht werden, die Zahl der Förderfälle blieb jedoch ebenfalls deutlich hinter den Erwartungen zurück.

Uneinigkeit besteht  innerhalb der Parteien  und den Gewerkschaften über das Wirken von Kombilöhnen. Die Befürworter erkennen in der Subventionierung von Niedriglöhnen eine Möglichkeit, den Zielkonflikt zwischen produktivitätsorientierter Lohnpolitik und relativ hohem Existenzminimum zu lösen.Mecklenburg- Vorpommerns Arbeitsminister Helmut Holter („Linkspartei“) lobte die Vorstöße der schwarz-roten Bundesregierung und von Bundespräsident Horst Köhler für einen Kombilohn. „Ziel müssen existenzsichernde Arbeitsplätze sein“. Wissenschaftler warnen vor den hohen fiskalischen Kosten, die in keinem Verhältnis zum Erfolg stünden. Auch der frühere Wirtschaftsweise Rolf Peffekoven warnt vor erheblichen finanziellen Risiken der Kombilöhne. „Sie kosten im Jahr viele Milliarden, auch weil es zu gewaltigen Mitnahmeeffekten kommen wird.Wer Kombilöhne vorschlägt, muss also auch den Mut haben zu sagen, woher er das Geld für sie nehmen will“, sagte er. Der Wissenschaftler sprach sich dafür aus, bei der Weiterbildung der Bundesagentur für Arbeit und beim Arbeitslosengeld II zu kürzen.

Erinnern sollte man sich auch daran, was Hans Peter Stihl als Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages damals zum Thema „Kombilohn“ in der „Wirtschaftswoche“ erklärte: „Wir können nicht auf einen Schlag das gesamte Sozialniveau absenken, ohne dass die Sozialpolitiker aller Couleur aufschreien. Deshalb halte ich den Weg für sinnvoll, über den Kombilohn diesen tabuisierten Bereich aufzubrechen.“ Das ist gelungen. (D.L. LinX Nr. 20-2004) ver.di lehnt Kombilöhne richtigerweise strikt ab. „Es hat sich schon in der Vergangenheit gezeigt, dass Kombilöhne jedweder Art von den Arbeitgebern genutzt werden, die Tariflöhne zu drücken“, sagte ver.di-Chef Frank Bsirske. Die Arbeitgeber könnten nach Ansicht von Bsirske damit rechnen, dass der Staat und damit der Steuerzahler die Lohnsenkung auffange und einen Rest drauflege. „Das bedeutet, flächendeckende Kombilöhne kosten viele Milliarden, ohne dass es am Arbeitsmarkt zu einer Verbesserung kommt“, so Bsirske. Eine besondere Gefahr besteht im dauerhaften Lohndumping durch so genannte „Mitnahme“- und „Drehtüreffekte“. Deshalb benötigen wir auch keine Kombilöhne, sondern einen gesetzlich festgeschriebenen Mindestlohn um dauerhaften Lohndumping zu verhindern. Außerdem ist es notwendig die Diskussion um Arbeitszeitverkürzungen wieder aufzunehmen, da nur durch massive Arbeitszeitverkürzungen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. (hg)