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Öffentlicher Dienst

Hartz IV-Empfänger als Streikbrecher

Seit dem 6. Februar wird im öffentlichen Dienst gestreikt. Begonnen haben die Streiks  in den Kommunen in Baden-Württemberg, eine Woche später auch in den anderen Bundesländern. Die KollegInnen wollen Arbeitszeit und Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst verteidigen. Wie in Baden-Württemberg hatten auch in Niedersachsen und Hamburg die – jeweils landesweit organisierten – Kommunalen Arbeitgeberverbände die Tarifregelungen zur Arbeitszeit gekündigt, weil sie die Arbeitszeit der KollegInnen verlängern wollen. Die Verhandlungen darüber sind gescheitert, Urabstimmungen ergaben ein Votum von rund 95 Prozent für Streik.

Die Länder weigern sich seit Monaten beharrlich, den für Bund und Kommunen seit 1. Oktober 2005 geltenden TVöD zu übernehmen. Sie wollen, so der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske, nicht den Interessenausgleich, sondern setzen aufs Diktat: Was sie ihren Beamtinnen und Beamten verordnet haben, wollen sie – angeblich, weil das gerecht sei – nun auch für die Tarifbeschäftigten durchdrücken: längere Arbeitszeit, weniger Weihnachts- und Urlaubsgeld. Länger arbeiten für weniger Geld – von diesem Rezept halten Frank Bsirske und die Beschäftigten  nichts, da längere Arbeitszeiten Arbeitsplätze kosten – bundesweit rund 250.000, wenn die Pläne der Arbeitgeber umgesetzt würden. Außerdem würden sich auch die Übernahmechancen der Auszubildenden erheblich verschlechtern. Begleitet werden die Streiks von einer unerträglichen Hetze großer Teile der bürgerlichen Presse, die versuchen einen Keil zwischen den streikenden KollegInnen und der übrigen Bevölkerung zu treiben.

In Osnabrück und anderen Städten werden unter massiver Mithilfe der Polizei, Hartz-IV-Empfänger als 1-Euro-Streikbrecher eingesetzt. Den als Streikbrechern eingesetzten 1-Euro-Jobber drohten Vorgesetzte sie „beim Arbeitsamt zu melden, wenn nicht ordentlich gearbeitet wird.“  Unter massiven Polizeieinsatz wurden den gepressten Streikbrechern der Weg zur Osnabrücker Abfallsammelstelle freigeknüppelt. Streikende KollegInnen wurden verletzt, Megafone beschlagnahmt. Gegen Streikposten erstatteten die Beamten Anzeige wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Dem Osnabrücker Verdi-Bezirksgeschäftsführer Jürgen Humer drohte die Polizei sogar mit „Schutzhaft“. Auf einer Protestkundgebung erinnerten Gewerkschafter in Redebeiträgen daran, dass ein derartiger Polizeieinsatz gegen organisierte Arbeiter in Osnabrück zuletzt anlässlich der Machtergreifung der Nazis stattfand. Verdi-Mitglieder fragten sich, vor dem Hintergrund der  CDU- Bestrebungen die Bundeswehr auch im Inland einzusetzen, ob demnächst bewaffnete Kampfeinheiten der Bundeswehr gegen Streikposten im Marsch gesetzt würden. Wo denn die Reaktion der Linkspartei und der WASG auf die Ereignisse in Osnabrück bliebe, erregte sich ein aufgebrachter Streikposten. In einer Solidaritätserklärung der niederländischen Transportarbeiter-Gewerkschaft an ver.di Osnabrück-Emsland wurde angefragt, ob der Polizeieinsatz denn das neue bundesdeutsche Streikrecht veranschaulichen solle.

 (hg)

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