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Weitere Proteste gegen den Stellenabbau

Etwa 5.000 Beschäftigte der Allianz haben nach Gewerkschaftsangaben am 31.07.2006 gegen den geplanten Abbau von rund 5.000 Stellen im deutschen Versicherungsgeschäft des Münchener Konzerns protestiert. Neben MitarbeiterInnen der Standorte Aachen, Dortmund, Köln, Stuttgart und Ulm hatte die Gewerkschaft auch in Karlsruhe, Hamburg und Bremen zu befristeten  Arbeitsniederlegungen aufgerufen. In Frankfurt kamen Beschäftigte zudem zu einer weiteren Demonstration zusammen. In Hamburg, wo 40% der 1.600 Arbeitsplätze wegfallen sollen, nahmen über 400 KollegInnen an dem Warnstreik teil. Weitere Schwerpunkte der Streiks lagen in Köln mit 1.200 TeilnehmerInnen und in Dortmund, wo über 500 MitarbeiterInnen auf die Straße gingen.

Betriebsräte forderten den Allianz-Vorstand nochmals auf, bis 2012 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten und möglichst viele Standorte zu erhalten. Betriebsrat Wolfgang Peuker sagte, Verhandlungen mit der Allianz-Führung solle es erst wieder geben, wenn ein Gegengutachten von Wirtschaftsberatern im Auftrag der Arbeitnehmerseite vorliege, das in drei Monaten erwartet werde.

Keine betriebsbedingten Kündigungen bis 2007 zugesagt

Die Allianz will bei der Zusammenführung ihrer inländischen Versicherer der Sparten Lebens-, Sach- und Krankenversicherungen 5.000 Stellen streichen, elf der bislang 21 regionalen Verwaltungszentren sollen bis Ende 2008 geschlossen werden. Die Allianz hat den Verzicht auf Entlassungen bis Ende 2007 zugesagt. Zu einem weiter gehenden Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis 2010 ist der Konzern nur bereit, falls bestimmte Kosten- und Gewinnziele erreicht werden.

Arbeitgeber glauben an weniger Stellenstreichungen

Derweil sieht der Arbeitgeberverband AGV ein Ende der Stellenstreichungen bei deutschen Versicherern. "Ich glaube nicht, dass der Abbau in gleichem Umfang weitergehen wird", sagte Jörg Müller-Stein, Geschäftsführender Vorstand des Arbeitgeberverbands der Versicherungsunternehmen in Deutschland (AGV). 2006 erwartet Müller-Stein noch einen Beschäftigungsabbau von etwa drei Prozent, was rund 7.000 Arbeitsplätzen entspräche. Aktuell arbeiten etwa 227.000 Beschäftigte in der Branche – selbstständige Vermittler sind darin jedoch nicht enthalten. Der AGV kündigte an, arbeitsgerichtlich gegen die nach seiner Auffassung illegalen Streiks vorgehen zu wollen

Riesen-Gewinne

Der Ärger bei den KollegInnen wächst immer weiter. Während sie um ihre Arbeitsplätze kämpfen, korrigierte die Unternehmensleitung in München ihre Gewinnprognose für das laufende Jahr deutlich nach oben. Nach Aussage von Konzernboss Michael Diekmann rechnet der Versicherer nun mit einem Überschuss von bis zu sechs Mrd. Euro – und in diese Summe sind die Kosten für die Vernichtung von rd. 5.000 Stellen bereits eingerechnet. Anlass für diem hohe Gewinnerwartung sind überraschend gute Quartalszahlen. Angesichts dieser Zahlen erwartet der Betriebsrat ein ordentliches Angebot für die MitarbeiterInnen.

„Unerträgliche soziale Verantwortungslosigkeit“ wirft ver.di-Bundesvorstandsmitglied Uwe Foullong dem Allianz-Vorstandsvorsitzenden Michael Diekmann vor. Grund sind die für 2006 angekündigten Gewinne des Versicherungskonzerns in Höhe von 5,5 bis sechs Milliarden Euro bei gleichzeitigem Abbau von 7.500 Vollzeitstellen. „Während die Gewinne der Allianz von Rekord zu Rekord eilen, soll mehr als 10.000 Menschen die Existenzgrundlage entzogen werden“, kritisierte Foullong. Diese Woche kündigte der  Versicherungs- konzern einen weiteren Stellenabbau von 600 Stellen bei der IT-Tochter AGIS an. „Es ist an der Zeit, dass die Politik eingreift“, sagte Foullong. „Angesichts des schamlosen Vorgehens der Allianz gegen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist ein gesetzliches Kündigungsverbot für Unternehmen mit hohen Gewinnen angebracht“, erklärte der Gewerkschafter.

Ein aktuelles Schreiben des Allianz-Vorstandsvorsitzenden Diekmann an die Beschäftigten nannte Foullong „zynisch“. Wörtlich heißt es dort: „Natürlich greift der Abbau von Arbeitsplätzen und die Schließung von Standorten tief in die Lebensplanung unserer Mitarbeiter ein. Aber es gibt auch eine Veränderungschance für viele der Betroffenen.“ Nach Auffassung von Foullong ist dies ein neuer Schlag ins Gesicht der  Beschäftigten. „Dieser wird dazu führen, dass die Betroffenen sich mit weiteren Streiks und Aktionen wehren werden.“ Außer Allianz hatte die Nummer drei des Versicherungsgeschäfts, Talanx, nach der Übernahme des Konkurrenten Gerling angekündigt, 1.800 Arbeitsplätze abzubauen (LinX Nr. 15-16/2006).

csk