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Science Center - das nächste Pleiteprojekt?

Einstimmig hat die Ratsversammlung am 8. Juni 2007 ihr nächstes Prestigeprojekt auf den Weg gebracht. Mit der Kölner Andreas Waschk Consulting AG (AWC) und der SMG Entertainment Deutschland GmbH wurde ein Vertrag für Planung, Projektierung und Betrieb des Science Centers abgeschlossen. Nachdem die ersten Vertragsversuche im Jahre 2005 mit dem Betreiber Merlin (z. B. Sealifecenter in Timmendorf) wegen zu geringer Gewinnerwartung gescheitert waren, hatte der Rat beschlossen einen weiteren Versuch zu starten (siehe auch unsere Berichte in der LinX 14+12/2005). Die SPD-Fraktion nörgelte bei jeder Gelegenheit rum, dass CDU und Grüne nichts zustande kriegen würden. Jetzt bemängelt die SPD zwar die Zukunftsfähigkeit des Projektes, stimmte aber trotzdem zu. Und jetzt ist es soweit. Gleich mit zwei Partnern wurde vereinbart für die Kieler maritime Wirtschaft und Wissenschaft eine erlebnisorientierte Show zu bieten, in der die Werbung für die Kieler Rüstungsproduktion (z.B. Brennstoffzellen-U-Boote und  High-Tech- Elektronik) und der Schiffbau (Doppelhüllentanker) sicherlich eine große Rolle spielen wird.

Die Stadt trägt letztendlich das Risiko. Bei einer Insolvenz ist der Betreiber nur ein Jahr lang verpflichtet weiterzumachen. Auf die Stadt käme dann die Rückzahlung der 17,3 Mio. Fördermittel des Landes Schleswig-Holstein zu. Daneben übernimmt die Stadt Kiel 6,4 Mio. Euro als ihren vertraglichen Anteil, um das Projekt auf den Weg zu bringen. Das soll dann irgendwann, je nach dem wie gut der Betrieb läuft, über die Pacht zurückgezahlt werden. Vereinbart sind jetzt 40.000 Euro pro Jahr, bei 212.000 Besuchern. In 160 Jahren hätte die Stadt das Geld dann wieder raus.

Die Stadt rechnet mit 300.000 Besuchern pro Jahr und Robert Cordes (CDU) und Lutz Oschmann (Grüne) sprechen von einem "touristischen Leuchtturm" der Fähr- und Kreuzfahrtgäste anzieht, nachdem sie ihre Einkäufe in der Innenstadt erledigt haben. Man munkelt von 14 Euro Eintritt.

Das Rechnungsprüfungsamt (RPA) soll vor einem hohen finanziellen Risiko für die Stadt gewarnt haben, denn es ist damit zu rechnen, dass die Projektkosten von 26,3 Mio. noch steigen könnten, weil evtl. die Baukosten um 20% steigen.Auch die Versprechungen der Kieler Wirtschaft von 2 Mio. in Form von Sachmitteln aufzubringen, könnten platzen. Wenn also die Industrie nicht ihren Werbeplatz im Science Center erhält, kommen auf die Stadt möglicherweise weitere Kosten hinzu.Das aufwendige Gebäude soll an der Ostseite der Hörn, südlich der in Planung befindlichen Germania-Arkaden und der Halle 400 gebaut werden. Ob die angestrebte Besucherzahl (mehr als die Einwohner Kiels) jemals erreicht wird, ist fraglich. Anderenorts sind solche Projekte kläglich gescheitert.

Wie dem auch sei. Eigentlich gibt es noch gar kein Konzept oder eine Entwurfsplanung für das Science Center, aber die Kieler Wissenschaft und Wirtschaft haben eine Absichtserklärung unterschrieben, sich intensiv einzumischen. Das kann man gut glauben, denn in der Rüstungsindustrie und im Schiffbau werden bekanntlich die sichersten Gewinne gemacht. Jedenfalls können die Kieler sich freuen, dass sie demnächst neben dem Flughafen Holtenau ein weiteres Prestige- und Pleiteprojekt für die Wirtschaft finanzieren dürfen.

 (uws)