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Kommentar:
Energiewende statt Krise

Die Pannenserie im AKW Krümmel ist wirklich unglaublich. Lars Harms vom SSW stellt zurecht fest, dass das Ordnungsamt längst die TÜV-Plakette abgekratzt hätte, wenn Krümmel ein Auto wäre. Ist es aber nicht, und so wird Vattenfall weiter mit unser Sicherheit Russisch Roulette spielen. Eventuell wird der Bundesum-
weltminister dafür sorgen, dass Krümmel zunächst nicht wieder ans Netz geht. Aber erstens wären da in unserer Nachbarschaft noch Brokdorf und Brunsbüttel, wobei der dortige Reaktor noch schrottiger als Krümmel ist. Und zweitens wird Gabriel nach der Bundestagswahl wohl seinen Sessel räumen müssen.

Die Union ist jedenfalls ganz scharf drauf, die Schrottreaktoren noch länger laufen zu lassen. In ihrem Wahlprogramm steht unmiss- verständlich, dass sie längere Laufzeiten will. Begründet wird das mit der Versorgungssicherheit, und damit, dass Wind & Co. noch nicht weit genug wären. Tatsächlich behindern aber die Energiekonzerne nach Kräften den Ausbau der Konkurrenz, indem sie die Nachrüstung der Netze verschleppen (siehe Interview mit Flemming Meyer auf Seite 5). Außerdem vertragen sich die schwer-
fälligen AKW und auch die großen Kohlekraftwerke schlecht mit Wind- und Sonnenstrom. Letztere brauchen flexibel einsetzbare Kraftwerke zur Ergänzung, die schnell hoch und runter gefahren werden können. Die Großkraftwerke sind aber nur rentabel, wenn sie annähernd im Dauerbetrieb fahren.

Besonders die AKW können auch gar nicht im Normalbetrieb so schnell geregelt werden, wie es nötig wäre. Außerdem erhöht das An- und Runterfahren bei Großkraftwerken den Verschleiß erheblich. Der Grund, weshalb die großen Stromkonzerne dennoch ganz närrisch hinter der Verlängerung der Laufzeiten her sind, ist ganz simpel: Bis zu 200 Milliarden Euro zusätzlichen Gewinn würde sie ihnen bringen, hat die Landes-
bank Baden-Württemberg ausgerechnet.

Aber haben wir nicht derzeit, wo hunderttausende ihren Arbeitsplatz verlieren, ganz andere Sorgen, als uns mit der Atomwirtschaft herumzuschlagen und zu Anti-AKW-Demos zu laufen? Im Gegenteil: Der Ausbau der Erneuerbaren und Energiesparprogramme könnte massiv helfen, neue Jobs zu schaffen. Ein erster Schritt könnte sein, die in den letzten Jahren entlassenen Stadtwerker wieder einzustellen, um mit ihrer Hilfe die Energiewende in Kiel zu starten.

(wop)