Kommentar

Rechtspopulismus in den Gewerkschaften

Ein Teil der Reaktionen auf Schröders Greencard-Initiative war vorhersehbar, etwa der rassistische "Kinder statt Inder"-Ausfall von Jürgen Rüttgers. Vorhersehbar waren auch die Reaktionen aus Kreisen der Gewerkschaftsbürokratie. Sie lehnen die Öffnung des Arbeitsmarktes für Nicht-Deutsche, im Gegensatz zu den Betriebsräten der IT-Branche, ebenfalls ab. Die ver.di-Gewerkschaften (LinX berichtete) und die IG Metall befürchten Lohndumping und eine "Schmutzkonkurrenz" ausländischer Billig-ArbeiterInnen. Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende DGB-Vorsitzende, und IG Metall-Chef Klaus Zwickel verweisen auf die von den Unternehmen selbst verschuldete Ausbildungsmisere, von der die Greencard ablenken solle. 32.000 erwerbslose EDV-ExpertInnen und 54.000 erwerbslose Ingenieure seien ein Potenzial, "das die Wirtschaft nutzen" müsse, so Zwickel.

Mögen diese Argumente auf den ersten Blick auch berechtigt sein. Im Kern läuft diese Kritik an der Greencard auf ein reaktionäres Abwehrargument hinaus: Der deutsche Arbeitsmarkt soll deutschen ArbeitnehmerInnen vorbehalten bleiben. Pure Heuchelei ist das Lohndumpingargument, da die Gewerkschaften in den letzten Jahren weder gegen Lohnraub noch gegen Arbeitsmarktregulierung und Flexibilisierung mobilisiert haben. Im Gegenteil, mit Co-Management und nicht zuletzt im Bündnis für Arbeit wurden diese Prozesse noch aktiv unterstützt: "Der Abschluss 2000 ist ein guter, tragfähiger Kompromiss, das Gesamtvolumen und die einzelnen Elemente sind stimmig. Wir haben die Vereinbarungen aus dem Bündnis für Arbeit aufgenommen und branchenspezifisch umgesetzt."

Der beste Schutz gegen Lohnraub sind aber immer noch möglichst gute Kampfbedingungen und kampfbereite Gewerkschaften. Deshalb wären Forderungen nach sicherem Aufenthalt, uneingeschränkte Arbeitserlaubnis sowie gleicher Lohn für gleiche Arbeit notwendig gewesen. Das wären gewerkschaftliche Positionen, mit denen dem globalisierten Arbeitsmarkt eine globale Solidarität für alle ArbeitnehmerInnen entwickelt werden könnte. Doch so läuft die Haltung der Gewerkschaften im Kern auf die rechtspopulistische Formel "Deutsche Arbeitsplätze für Deutsche" hinaus, auch wenn sie das so deutlich nicht ausgesprochen haben.

(hg)