Antikapitalismus

IWF/Weltbanktagung:

Mobilisierung nach Prag

Für viele sind sie zum Inbegriff allen Negativens geworden, das mit der Globalisierung verbunden ist: Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF). Vom 19. bis zum 28.9. treffen sie sich zu ihrer Jahrestagung in Prag. 20.000 Teilnehmer und Journalisten werden zu dem Mega-Ereignis erwartet, die 55. Veranstaltung dieser Art der beiden 1944 im amerikanischen Bretton Woods gegründeten Organisationen. Neben dem eigentlichen Treffen der Regierungsdelegationen mit den Direktoren des Fonds und der verschiedenen Unterorganisationen der Weltbank ist ein Rahmenprogramm für Geschäftsleute und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen geplant, die v.a. die Weltbank versucht in ihre Arbeit einzubeziehen.

Wie so oft in letzter Zeit, wenn sich die Großen der Weltwirtschaft versammeln, sind die Kritiker nicht weit. Rund um den Globus, v.a. aber in Europa bereiten sie sich auf Demonstrationen und Gegenveranstaltungen vor. Der 26.9., der Tag, an dem das offizielle Programm in der tschechischen Hauptstadt beginnt, ist von zahlreichen Initiativen und internationalen Netzwerken zum Globalen Aktionstag ausgerufen worden. Wie zuletzt zum Kölner G7-Gipfel im Juni 99, der WTO-Konferenz in Seattle und der Weltbank/IWF-Frühjahrstagung in Washington sollen an diesem Tag auf allen Kontinenten Demonstrationen, Kundgebungen und Happenings gegen Konzernherrschaft, Neoliberalismus und Globalisierung stattfinden. "Das Gipfeltreffen in Prag (ist) eine Herausforderung für alle, die sich um das Schicksal der heutigen Welt sorgen.", heißt es in einem europäischen Aufruf. Und weiter: "Die Ereignisse in Seattle beim Treffen der Welthandelsorganisation (WTO) im November und in Washington im April haben gezeigt, dass sich eine riesige Welle von globalem Widerstand gegen die sich ausbreitende Macht des globalen Kapitals aufbaut. (...) Prag wird unsere nächste Gelegenheit sein, den Kampf für globale Gerechtigkeit und Gleichheit fortzusetzen."

In Deutschland hat sich bereits vor einigen Wochen ein bundesweiter Koordinierungskreis gebildet, an dem u.a. das Euromarschnetzwerk, Linksruck, einige Immigrantenorganisationen, das Bündnis gegen Bankenmacht, die Erlassjahrkampagne, Netzwerk gegen Konzernherrschaft und Vertreter der PDS beteiligt sind. Zu den deutschen Unterzeichnern des oben zitierten Aufrufs gehören auch der PDS-Bundestagsabgeordnete Carsten Hübner und die Bundesarbeitsgemeinschaft Internationalismus. Das nächste Vorbereitungstreffen ist am 13.8., 12 Uhr in Frankfurt, Jügelstr. 1, Studierendenhaus. Daneben gibt es zahlreiche lokale Bündnisse u.a. auch in Berlin. Zumindest aus einigen größeren Städten werden Busse nach Prag fahren. Von Hannover soll am 10.9. eine Fahrradkarawane nach Prag starten. Geplante Ankunft: 21.9.

In Prag wird es vom 21. bis zum 28. eine Aktionswoche mit einem Kulturfestival geben. Auch ein Gegenkongress ist geplant, hat aber offensichtlich noch Probleme, Räume zu finden. Am 23. will ein Bündnis linker Parteien und unabhängiger Gewerkschaften, an dem auch die tschechische KP beteiligt ist, demonstrieren. Einen Tag später gibt es eine Abschlussdemonstration des Gegengipfels. Eine weitere Demonstration ist für den 26. September geplant. Teilnehmer werden aus ganz Europa erwartet.

Im Mittelpunkt der Kritik werden die Strukturanpassungsprogramme des IWF stehen, die in den vergangenen Jahrzehnten fast allen Entwicklungsländern und den osteuropäischen Staaten aufgezwungen wurden. Der IWF vergibt an diese Staaten Kredite, um sie vor dem Staatsbankrott zu retten, wenn sie ihre Schulden nicht mehr bezahlen können, verbindet diese jedoch mit harten Auflagen zur Konsolidierung der staatlichen Haushalte. Die Folgen sind immer die gleichen: Drastische Einsparungen bei den Sozialausgaben und im Bildungswesen, Lohnsenkungen, Privatisierung staatlicher Betriebe und oftmals erzwungene Öffnung für ausländisches Kapital. Während von Jugoslawien bis Indonesien diese Politik für breite Kreise der Bevölkerung Verelendung bedeutet, sind die Profiteure die europäischen und US-amerikanischen Gläubigerbanken, deren Kredite zur Misere geführt haben und dennoch um fast jeden Preis weiter bedient werden. Besonders im Zuge der Asienkrise 97/98 war der IWF unter erheblichen Beschuss gekommen, weil seine Maßnahmen nach Meinung vieler Kritiker zur Eskalation beigetragen haben. So zwang der Fonds Länder wie Thailand und Südkorea, die internen Kreditzinsen drastisch heraufzusetzen, was der Wirtschaft dieser Länder zusätzlichen Schaden zufügte.

Auch die Weltbank steht bei ihren zahlreichen Kritikern trotz allen Geredes von Armutsbekämpfung in keinem besseren Ruf. Ihr wird vorgeworfen, durch die Finanzierung von Großprojekten, vor allem den Bau von Staudämmen u.a. in Indien und Thailand, zu großflächiger Umweltzerstörung und Vertreibung von Millionen Menschen beizutragen. Auch die Agrarprogramme, die oft den Anbau für den Exportmarkt fördern und bäuerliche Subsistenzwirtschaften zerstören, werden scharf kritisiert. Der Aufruf für die Europa-weite Mobilisierung nach Prag macht die Weltbankpolitik mitverantwortlich für Hungersnöte und Gefährdung der Nahrungsmittelsicherheit.

(wop)

Es gibt einen ReferentInnenpool für lokale Veranstaltungen zum Thema IWF und Weltbank. Kontakt: fzs, Reutersstr. 44, 53113 Bonn, Tel. 0228-262119, E-Mail: fzs@studis.de

Kontakt zur Fahrradkarawane: karawane@mail.nadir.org oder wagen.list@gmx.net

Vorbereitungstreffen in Kiel: Di., 8.8., 19 Uhr, Arbeitsloseninitiative (Iltisstr. 34)

Deutschsprachige Mobilisierungsseite: http://go.to/prag-2000

Mailingliste: prag-2000-de-subscribe@egroups.com

Tschechische Republik: http://inpeg.ecn.cz

Viele internationale Links und Infos unter: http://go.to/S26