Kommentar

Die Geschichte vom verlorenen S

Jetzt also die Abfallwirtschaftsbetriebe. Nachdem die KWG erfolgreich im letzten Jahr an IG Farben-Ableger WCM verscherbelt wurde und der Verkauf der Stadtwerke an die Texaner besiegelt ist, sollen nun Müllentsorgung und Straßenreinigung unter den Hammer. Pardon, natürlich nicht vollständig, sondern es soll teilprivatisiert werden. Genauso wie bei den Stadtwerken. Ursprünglich. Was dann herauskam, haben wir ja gesehen. Oder vielmehr, werden wir in den nächsten Jahren noch sehen, wenn TXU erst drangeht, dass Schnäppchen zu sezieren.

Nun also der Müll. Der stadteigene Betrieb sei nicht wettbewerbsfähig heißt es. Überhaupt Wettbewerbsfähigkeit ist das große Zauberwort, das wie üblich in aller Munde ist. Die soll gesteigert werden. Dass damit vor allem die Senkung der Personalkosten gemeint ist, spricht außer der ÖTV keiner aus. Von den Rathaus-Parteien, inkl. der SPD, heißt es nur, die Gewerkschaften sollen doch jetzt bitte nicht den Lauten machen. Man werde schon sehen, dass die Interessen der Beschäftigten gewahrt blieben. Leeres Gerede. Privatisierung heißt Herausbrechen aus dem Öffentlichen Dienst, heißt niedrigere Tarife. Wenn nicht für die Altbeschäftigten, dann zumindest für die Neueingestellten. Man fragt sich allerdings, wohin die Löhne noch sinken sollen. 3.100 bis 3.400 brutto trägt ein Straßenfeger im Monat nach Hause. "Dann geh' ich eben zum Arbeitsamt. Ich bin doch nicht bescheuert und wühl' für ein paar Mark in der Hundescheiße rum!", so die wütende Reaktion eines Arbeiters.

Verständlich. Nur könnte der Mann sich verrechnet haben. Bei den Arbeitslosenverwaltern wird es heißen: "Entweder du nimmst jeden Drecksjob an, oder Sperre." Wenn er es nicht macht, landet er beim Sozi. Und was ist, wenn dann findige Kommunalpolitiker auf die Idee kommen: noch billiger, als ein Privatunternehmen mit der Säuberung zu betrauen, ist es, Sozialhilfeempfänger für ein oder zwei Mark die Stunde zusätzlich den Job machen zu lassen? Linke Schwarzseherei? Hat es bei der Reinigung öffentlicher Gebäude schon alles gegeben. Da kennen sozialdemokratische Sparpolitiker keinerlei Hemmungen.

Wer hätte gedacht, dass man sich noch mal nach gestandenen Sozialdemokraten sehnen würde, solchen, die noch wussten, wofür das S im Parteinamen mal stand. Aber die Zeiten sind wohl vorbei. Endgültig. Eigentlich ein weites Feld für Sozialisten aller Strömungen, das sich da auftut ...

(wop)