Internationales

Weltbank/IWF-Tagung:

Umbau und Rhetorik

In Prag, wo am 26.9. die Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) beginnt, traf sich am vorangehenden Wochenende der Internationale Währungs- und Finanzausschuss, das Steuerungsgremium des IWF zu einer separaten Sitzung. Der neue IWF-Chef Horst Köhler, der das Amt im Frühjahr angetreten hatte, nutzte die Gelegenheit, neue Akzente zu setzen. IWF und Weltbank sollen künftig besser kooperieren. In den letzten Jahren war es zwischen den beiden Schwesterorganisationen zu Spannungen gekommen. Weltbank-Präsident James D. Wolfensohn hatte den Fond kritisiert, seine Interventionen in Südostasien hätten dort 1997 und 98 die Krise verschärft statt zu begrenzen.

Für Köhler ist eine Konsequenz aus der Kritik, dass der IWF künftig nicht mehr bis ins Detail den Empfängerländern die Politik vorschreiben soll. Auch sollten Privatbanken mehr in das Krisenmanagement einbezogen werden, da es nicht angehen könne, dass sie nicht das Risiko der von ihnen vergebenen Kredite tragen. Bisher dienen die IWF-Feuerwehrkredite, die diese im Falle von Zahlungsbilanzschwierigkeiten vergibt, v.a. dazu, die Schuldendienste aufrecht zu halten, und zwar zu Ungunsten übriger Ausgaben. In der Praxis bedeutet das zumeist erhebliche Einschnitte bei Sozial-, Bildungs-, und Gesundheitsausgaben. In den vergangenen drei Jahrzehnten ist es in mehreren Dutzend Ländern aufgrund der IWF-Auflagen zu Unruhen und Aufständen mit Tausenden von Toten gekommen.

Köhler, der von 1990 bis 93 in Deutschland stellvertretender Bundesfinanzminister war, liegt mit seinen Vorschlägen ganz auf der Linie der deutschen Regierung. Deren Finanzminister Eichel forderte am Sonntag in der tschechischen Hauptstadt, dass der IWF sich auf Überwachung der internationalen Finanzmärkte und Politikberatung beschränken soll, wozu im Krisenfalle auch Unterstützung in Form von Krediten gehört. Die sollen aber weniger freizügig als bisher vergeben werden.

In anderen Industriestaaten, v.a. in den USA regt sich allerdings Widerstand dagegen, Privatbanken am Risiko zu beteiligen. Das mag damit zu tun haben, dass die dortigen Finanzinstitute weniger gute Abschreibemöglichkeiten als die deutschen haben. Hiesige Banken, die zu den größten Gläubigern der Entwicklungsländer gehören, haben weltweit die besten Möglichkeiten, die Risiken ihrer oft leichtfertig vergebenen Kredite auf den Steuerzahler abzuwälzen.

Eichels Ausführungen machten denn auch wenig Hoffnung, dass eine der wesentlichen Ursachen der Schuldenkrise, die aggressive Kreditvergabe nicht zuletzt deutscher Banken, künftig wirksam eingeschränkt werden könnte. Die Vermeidung von Krisen sei v.a. die Aufgabe der einzelnen Länder, so der deutsche Minister. "Es ist eine Tatsache, dass Krisen von Defiziten nationaler Wirtschaftspolitik hervorgerufen werden." Die meisten unabhängigen Beobachter in Südostasien sind sich allerdings darin einige, dass die von Weltbank und IWF in Übereinstimmung mit der EU und USA durchgesetzte Liberalisierung der Finanzmärkte v.a. in Bangkok zusammen mit umfangreichen spekulativen Aktivitäten großer europäischer und amerikanischer Fonds Auslöser der dortigen Krise waren.

Doch Marktöffnung, Liberalisierung der Kapitalströme und Öffnung der Aktienmärkte gehören auch für Eichel nach wie vor zum politischen Credo und sollen, geht es nach ihm, auch Vorbedingung für jeglichen Schuldenerlass sein. Insofern kann die Forderung nach Beteiligung der Privatbanken am Krisenmanagement auch heißen, dass diese nunmehr direkt die Möglichkeit bekommen, in den Schuldnerländern mitzuregieren. Gekoppelt mit Eichels Forderung, die Weltbank solle künftig als Katalysator für private Investoren wirken, ergeben sich für Akteure wie die Deutsche Bank, die auch manchen Konzern steuert, ganz neue Möglichkeiten.

Und wenn's dann mal wieder schiefgeht, soll den betroffenen Ländern nach Eichels Vorstellungen diesmal ganz demokratisch das Fell über die Ohren gezogen werden: "IWF-Programme müssen in Partnerschaft mit den betroffenen Ländern ausgearbeitet werden, um sicherzustellen, dass diese sich mit diesen Programmen identifizieren und - wenn nötig - schmerzhafte Anpassungen akzeptieren."

(wop)

Mehr über die Proteste gegen IWF und Weltbank

Hintergrund: Der Schuldenkrieg der Reichen gegen die Armen

Aktuelle Informationen ueber die Ereignisse in Prag gibt es auf der homepage der unabhängigen Pressegruppe. U.a. sind dort auch Links zu einer Reihe der Aktionen zu finden, die am Dienstag rund um den Globus stattfanden. www.praha.indymedia.org