Betrieb & Gewerkschaft

HDW: Rekordauftragsbestand - im Kriegsschiffbau

Trotz viel rot - tiefschwarzes Ergebnis

30,7 Mio. Euro (ausgewiesener) Jahresüberschuss

Rot geprägt war das Kieler Ostufer schon immer: politisch mittlerweile ein blasses Rot, finanziell ein kräftiges Rot und in den letzten Monaten optisch ein angenehmes Rot. Unangenehm für die HDW: Außergewöhnlich viele rote SUPERFAST-Schiffe lagen an den Ausrüstungspiers der Werft. Abarbeitungs- und Getriebeprobleme hatten die Ablieferung der ersten beiden Schiffe einer 6er-Serie um Monate verzögert.(vgl. LinX 20/00) Das war der Anlass für die Konzernleitung der Babcock Borsig AG den kompletten vierköpfigen HDW Vorstand auszuwechseln. Ein Novum: Ein derartiger Rausschmiss aus einem finanziell soliden und liquiden Unternehmen mit einer komfortablen Auftragslage ist bisher nicht bekannt. (vgl. LinX 21/00) Der Konzernchef Prof. Dr. K. Lederer leitete im Aufsichtsrat - mit den Stimmen der Arbeitnehmervertreter (IGM-Funktionäre/Betriebsräte!) - seine Inthronisierung zum Vorstandsvorsitzenden der HDW ein. Vor- und nachgelagerte Veränderungen auf den beiden folgenden Hierarchieebenen sind Stadtgespräch. In der Belegschaft und unter den IG Metall Mitgliedern sehr umstritten: Der bisherige Betriebsratsvorsitzende H. Baresel ist jetzt Personalchef der HDW. Auch unter Linken, nicht nur hinsichtlich von Parlamentarismus und Regierungsbeteiligung, ein - altes - Streitthema! Doch nicht an dieser Stelle!

Mit siebenmonatiger Verspätung wurde im Februar die erste SFFähre abgeliefert und auch das zweite Schiff soll demnächst den Adria-Dienst aufnehmen. Der Superfast-Reeder P. Panagopulus freut sich: "This is a fine ship in all respects!" Zurecht: 6 Fähren für 664 Mio. Euro zu ordern - wo in Branchenkreisen ein erzielbarer Marktpreis von mind. 772 Mio. Euro gehandelt wird - ein guter Deal!

Die SUPERFAST-Scharte hat HDW auch bilanziell im letzten Geschäftsjahr 99/00 ausgewetzt: 77 Mio. Euro an erwarteten zusätzlichen Verlusten aus dem SFF-Geschäft sollen mit eigenen Mitteln aufgefangen worden sein. Nach Werftangaben fließen 20 Mio. Euro an Wettbewerbshilfe in den Auftrag!

HDW-Gruppe

HDW-Gruppe

Jahr Jahresüberschuss Liquidität Auftragsbestand Investitionen Werftbeschäftigte in Kiel
99/00 37,7 555 5.000 14 3.350
98/99 37,0 696 3.600 15 3.200
00/01 (geplant) 32,6 3.500

Nicht nur zur Abarbeitung des SFF-Auftrags werden Techniker, Ingenieure, Schiffbauer, Schweißer, Schlosser u.a. gesucht. Hauptsächlich im militärischen Bereich wird eingestellt: Der Unterwasserschiffbau ist bis in 2007 ausgelastet. Aktuell sind U-Boote der Klasse 212 für die BRD, sowie der Klasse 214 für Griechenland in Kiel im Bau. Der zivile/militärische Überwasserschiffbau ist bis 2003 ausgelastet. (vgl. LinX 21/00) Im Handelsschiffbau ist z. Zt. neben den SFFähren eine Mega-Yacht im Bau: "Die Anforderungen bei diesen ausrüstungsintensiven Schiffen passen in die Gewerkstruktur, die bei HDW für den Bau von Fregatten und Korvetten erforderlich ist", erläutert J. Rohweder, Pressesprecher der HDW, in einer Sonderbeilage der KN v. 27.10.00. Handelsschiffbau (aktuell Passagierschiffbau) als Kapazitätshalter für den Kriegsschiffbau. Im Bau ist auch eine Fregatte F 124 für die BRD. Mit dem Bau von zwei Korvetten für Südafrika wird demnächst begonnen.

Die Korvetten sind Bestandteil eines 7,2 Mill. Euro Rüstungsgeschäfts (U-Boote, Korvetten, Kampfflugzeuge und Hubschrauber) an dem Thyssen, Babcock, Ferrostahl, British Aerospace, Saab und Augusta beteiligt sind. In Verbindung mit dem die deutschen Werften HDW, Blohm&Voss und Thyssen Nordseewerke betreffenden Teil, tobt in Südafrika ein heftiger Korruptionsskandal. HDW - BRD - Südafrika? Da war doch mal was? "Millionärsfrage": A: Blaubeeren - B: Blausäuren - C: Blaupausen - D: Blaumeisen

Das erkannte Lösungswort an nicht interessierte Kreise des Militärisch-Industriellen-Komplexes oder in dieser Frage nicht an einer öffentlichen Aufklärung interessierten Nachrichtendienste senden. Anschließend auf Wannenbäder - insb. im Genfer Hotel "Beau Rivage" - verzichten!

Die Vorgaben der Politik hinsichtlich der "nationalen Aufgabe Schiffbau" wurden bei HDW erfüllt! Eine - seit Jahren selbst profitable - Universal-Kriegsschiffbau-Werft steht und wächst. Passend zur herrschenden deutschen Außen- u. Kriegspolitik: "Out of area Einsätze" (Neudeutsch!) - "Kanonenbootpolitik" (Altdeutsch!)

(W. Jard)

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