Betrieb & Gewerkschaft

Werftenkrise

Marsch für Subventionen!

Ein Dutzend Betriebsräte und Vertrauensleute wanderten von der Flensburger Werft FSG in drei Tagen 100 Kilometer nach Kiel. In Gettdorf schlossen sich am 17. September Belegschaftsvertreter der Kieler Lindenau Werft an, um vor dem Landeshaus über Nacht eine Mahnwache abzuhalten. Tags darauf versammelten sich nachmittags 200 Leute: Neben Arbeitern und Bossen der Lindenau Werft – "Wegen Termindruck durften nicht alle kommen" – hauptsächlich Betriebsräte/IGM-Vertrauensleute und einige Manager der sechs anderen Werften Schleswig-Holsteins.

Zweck der Aktion war Druck auf die tagenden Regierungsfraktionen auszuüben. Im letzten Jahr hatte die Ministerpräsidentin H. Simonis am 12.12.00 vor 450 Demonstranten – Lindenau war geschlossen angerückt – versprochen, dass "die Landesregierung an fehlender Wettbewerbshilfe keinen Auftrag scheitern lassen wolle." (Vgl. LinX 26/00) Die Geschäftsführungen der Werften FSG, Lindenau und Flender in Lübeck akquirierten danach noch vor Jahresschluss Aufträge. Ab 2001 gestattet die EU keine Schiffbau-Subventionen, von bisher max. 9% des Auftragswertes, mehr. Die BRD hatte bis zu 7% im Verhältnis 1(Bund)zu 2(Land) gezahlt und für in 2000 zu akquirierte Aufträge noch zusätzlich 80 Mio. DM bereitgestellt. Die vier anderen Küsten-Bundesländer hatten für deren Werften entsprechende Komplementärmittel bereitgestellt. Die Kieler Regierung beharrte gegenüber der Bundesregierung darauf, die – von der Kohl-Regierung eingeführte – 1:2 Regelung wieder in die alte 1:1 Regelung zurückzuführen. Erfolglos! "Wir fordern keine Almosen" so der Kieler IGM-Vorsitzende W. Mädel, "sondern nur was gesetzlich möglich und in den anderen norddeutschen Bundesländern Praxis ist."

Die Forderung wurde hinsichtlich der von FSG, Lindenau und Flender akquirierten Aufträge erfüllt: Über einen Nachtragshaushalt werden in den Haushaltsberatungen am 26.-28. September zusätzlich 8 Mio. Werftenhilfe eingestellt (plus 4 Mio. vom Bund). Damit stehen für die genannten, bis in 2005 zur Ablieferung anstehenden, Aufträge 144 Mio. zur Verfügung. Womit der Fördertopf aus Berlin weiterhin nicht voll ausgeschöpft wurde! Die anhaltende "Akquisitionsmüdigkeit" von HDW im nicht-militärischen Bereich wird dazu beigetragen haben. (Vgl. LinX 10 u. 13/01) Eingespart werden die 8 Mio. bei Förderungen/Investitionen in anderen Wirtschaftszweigen und im Bildungsbereich.

Die Werften bewegen sich weiterhin auf einem anhaltend boomenden Schiffbaumarkt mit drastischem Preisverfall. "Da nützt es nichts, wenn wir innerhalb von 10 Jahren zwei- dreimal so schnell geworden sind", so ein Werft-Manger. Allseits hat man sich darauf geeinigt, dass der Schiffbau mit der Zulieferindustrie eine "Hightech-Branche" ist. Und eine "nationale Aufgabe"! Ein wesentlicher Grund für die Zustimmung von CDU und FDP, die sonst als Frontkämpfer gegen Subventionen bekannt sind. Der CDU Fraktionsvorsitzende M. Kayenburg erntete am Ende der Kundgebung für seinen Hinweis "Weiter gegenüber der Landesregierung wachsam zu sein" reichlich Beifall. Doch landesweit war CDU und FDP die Show gestohlen worden: Ursprünglich war der Aufmarsch von der IG Metall für die Woche der parlamentarischen Haushaltsberatungen geplant worden. Dem vorziehen der Aktion auf den Termin der Mehrheitsfraktionssitzung werden gewisse Absprachen – auch hinsichtlich des geplanten Erfolges – vorausgegangen sein!
W. Jard

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