Betrieb & Gewerkschaft

HDW:

Superfast zum Ende des Handelsschiffbaus?

"Wir hoffen auf Anschlussaufträge", ist von HDWlern zu hören. Bei dem Auftragsbestand von über zehn Milliarden DM? LinX-Leser wundern sich nicht! Auf der HDW-Werft gibt es den "zivilen" – besser "nicht-militärischen" – Schiffbau als eigenständige Sparte nicht mehr. (vgl. LinX 20/00) Konstruktion und Bau von Fähren, Megayachten etc. werden mit den Fregatten und Korvetten in der Sparte "Überwasserschiffbau" ÜSB organisiert. Der Umsatz im "Handelsschiffbau" ist seit Jahren rückläufig, mit i.d.R. markt- und werftbedingten Verlusten. (vgl. LinX 21/00) Dagegen standen im HSB ein hoher Anteil an Fertigungsstunden und damit Beschäftigung. In der Sparte "Unterwasserschiffbau" USB standen wiederum hohe Umsätze und Zinsgewinne. Der Bau von meist nur einem U-Boot als Prototyp verbunden mit Know-how- und Technologie- und Materialexport zum Bau weiterer U-Boote in Brasilien, Indien, Türkei, Südkorea etc. brachte dagegen in den 90igern wenig Fertigungsstunden im Kieler U-Bootsbau. Der Handelsschiffbau diente hier zum v.a. personellen Kapazitätsausgleich.

Die seit Ende der 90iger Jahre anhaltende Auftragswelle für U-Boote (vgl. LinX 7/01) wird – drastisch nach Ablieferung der letzten Superfast-Fähren in diesem Jahr – zu einer Umkehrung bei der Beschäftigung in den Produktionssparten auf HDW führen: Der "Nicht-Militärschiffbau" wird auch in der Zahl der Arbeitsplätze in der Nische stehen. Bis zu 600 Werker sollen in die U-Boot-Produktion wechseln. Im ÜSB sind danach nur noch um 25% der in der Produktion Beschäftigten tätig: Nach "Superfast" mit dem Bau einer MegaYacht, einer Fregatte sowie zweier Korvetten. Allesamt ausrüstungsintensive "Langlieger"!

Entlassungen unter den – nicht im U-Bootbau unterkommenden – Schweißern und Schiffbauern werden befürchtet. 3.500 Arbeiter und Angestellte stehen im Verhältnis 1:1 direkt bei HDW auf der Lohn- und Gehaltsliste. In den letzten drei Jahren wurde kontinuierlich eingestellt: Neben Schiffbauern, Schweißern usw. v.a. Ingenieure, Techniker etc.! Zusätzlich sind bis zu 2.000 Beschäftigte der zahlreichen Verleih-, Werksvertrags-, Montage und Reinigungsfirmen auf der Werft für HDW tätig. Der HDW Vorstand gibt sich, vor dem Hintergrund der ausbaufähigen Auftragslage im Kriegsschiffbau (Stand ohne SF-Fähren: 9,2 Mrd. DM im USB / 1,5 Mrd. DM im ÜSB, davon ca. 0,25 Mrd. DM für den "zivil" genannten Bau der MegaYacht), hinsichtlich der Akquisition von "Nicht-Militärschiffen" zurückhaltend. Offensichtlich soll der Handelsschiffbau – nach dem Motto "Am besten läuft es ohne Aufträge, da kann nichts schief gehen!" – auf Sparflamme reorganisiert werden.

Das Desaster bei den 6 Superfast-Fähren – bei einem Auftragsvolumen von 1,2 Mrd. DM, der mit 40 Millionen DM Subventionen gefördert wurde, sollen statt "geplanter" 70 Millionen DM über 350 Millionen DM Verluste aufgelaufen sein – war im Herbst 2000 Anlass für den kompletten Rausschmiss des 4-köpfigen HDW Vorstand gewesen. Der BABCOCK BORSIG Konzern Chef Prof. Dr. K. Lederer organisierte sich, über den HDW Aufsichtsrat, auch an das Steuerrad der HDW. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat (IGM Funktionäre bzw. Betriebsräte) haben den Wechsel auf der Brücke kurzentschlossen mitgetragen: Zur Rettung des Handelsschiffbaus!

Ein "Kurzschluss" der Arbeitnehmervertreter im HDW-AR, der die Arbeitnehmervertretung (IG Metall./Betriebsrat) auf der Werft zum "Feuerwehreinsatz" (Entlassungen) zwingt und in Erklärungsnotstand bringt? Die meist unpopulären Kompromisse in der zweiten Hälfte der 90iger (6 Std./Monat "Aufbauopfer" etc.) und die Beihilfe zum Vorstandswechsel wurden mit der "Sicherung des Handelsschiffbaus und zur Aufrechterhaltung des Universalwerftkonzeptes" begründet (vgl. LinX 21/00). Der Handelsschiffbau gilt seit Ende der 70iger Jahre – nicht nur auf HDW – als bedroht! "Belegschaftsopfer" erfreuen stets Manager und bürgerliche Politiker, den Welt(Schiffbau)Markt bewegen diese nicht: Die in Deutschland noch übriggebliebenen Werften wurden aus struktur- und militärpolitischen Gründen gerettet!

Gerettet wurde vorerst die BABCOCK BORSIG AG: Die Bankschulden wurden auf 403 (Vorjahr 1046) Mio. EURO gesenkt, die Liquidität auf 921 (391) Mio. EURO erhöht. Mit Hilfe der Übernahme der unternehmerischen Führerschaft bei HDW! 1998 schob die PREUSSAG AG die HDW als "im Marineschiffbau hervorragend ausgelasteten soliden Ertragsbringer" zur BABCOCK : Zusammen mit anderen, zur Liquidation freigegebenen, Konzerngesellschaften NOELL und Preussag WRT. Drahtzieher: Die vom "Vielflieger" F. Neubert gesteuerte WestLB. Mehr Geld floss angeblich auch nach dem Vorstandswechsel, durch den begünstigten Direkt-Zugriff auf die HDW Kasse(n), von Kiel nach Oberhausen, wird aus HDW "Finanz"-Kreisen behauptet.

Die Hälfte des aktuellen Konzernumsatzes wird mit der HDW-Gruppe gemacht. Die Babcock Kasse will K. Lederer nicht belasten: "Im zivilen Schiffbau hat Lederer die Maßgabe erteilt, nur noch Aufträge reinzunehmen, die mindestens am Ende eine schwarze Null bringen" zitierte die "Kieler Nachrichten" den HDW Chef. Dieser sendete die düstere Botschaft vor "Schwarzen" aus – auf einer Veranstaltung des Wirtschaftsrates der Kieler CDU (s.a. Kommentar). Selbst wenn doch noch ein "ziviler" Auftrag in Form eines Kreuzfahrtschiffes, Fähre oder MegaYacht reingeholt werden sollte: Es sieht schwarz aus für den "Rest"-Handelsschiffbau auf HDW!

Die herrschende Militär- und Strukturpolitik wird – auch im Zusammenhang mit innerdeutschen und europäischen Werftenbünden – diesen weiterhin in Frage stellen. Selbst wenn am Ende im HDW-Handelsschiffbau eine schwarze Null steht: Bei einer fusionsbedingten "Filetierung" gehen auch gute Stücke weg! (W. Jard)

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