Aus dem Kieler Rat

Gansels faule Tricks

Nachtragshaushalt empört vertagt

Haushaltsentwürfe haben es oft in sich, v.a. im Kleingedruckten. OB und Kämmerer Norbert Gansel hatte wohl darauf gehofft, dass die Ratsmitglieder nicht so genau hinsehen. Klammheimlich hatte er eine im Kernhaushalt 1999 vorgesehene Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 1 Mio. DM, die für einen Sporthallenneubau an der Elmschenhagener Freiherr-vom-Stein-Schule vorgesehen war, "umgeschichtet", und zwar für eines seiner Lieblingskinder, den Umbau des Bürgerbüros im Alten Rathaus. Brisant war das v.a. deswegen, weil dieses Gansel-Spielzeug bei den Beratungen zum Kernhaushalt im letzten Jahr bereits hohe Wellen geschlagen hatte und damit ein echtes Reizthema im Rat ist. In der Sommerpause 1998 hatte Gansel eigenmächtig sämtliche Planungen für das Neue Rathaus über den Haufen geworfen. Das Bürgerbüro sollte im Alten Rathaus bleiben, dafür das Kulturviertel in die ehemalige Posthalle an der Andreas-Gayk-Straße umziehen. Grund: Kostenersparnis. Nun muss Gansel im Nachtragshaushalt 1 Mio. nachlegen, was seine damalige Argumentation ad absurdum führt. Kein Wunder also, dass er das mit einem Hütchenspiel im Nachtragshaushalt und dazu noch einer nachträglich falsch datierten Nachmeldeliste zu vertuschen versuchte.

Erst durch beharrliches Nachfragen konnte die Ratsversammlung diese "Trickserei" aufdecken. Wie üblich wand sich Gansel wie ein Aal und düpierte über die selbstgefällige Eigenmächtigkeit hinaus die Ratsversammlung in seiner gewohnten Art als lästige "Neinsager", die alle seine tollen Pläne blockieren. Schließlich rückte Gansel heraus, er habe "nicht die Absicht, neue Sporthallen in den Haushalt 2000 aufzunehmen" und ergänzte arrogant: "Wenn die Ratsversammlung dies wünscht, muss sie es beschließen." CDU, SUK und Grüne zeigten sich empört. "Die Grünen sind stinksauer auf OB Gansel", vermeldete Lutz Oschmann am Tag nach der Ratsversammlung in einer Pressemitteilung. Der OB wolle offenbar "Fakten schaffen", hinter dem Rücken der Ratsversammlung, die allein einmal gefasste Haushaltsbeschlüsse revidieren dürfe. Für das falsche Datum der Nachmeldeliste entschuldigte sich Gansel in der Ratsversammlung kleinlaut. Das beruhe auf einem "EDV-Fehler".

Dennoch lehnte die Opposition auf Antrag der CDU den Nachtragshaushalt vorerst ab, indem sie ihn zur erneuten Beratung in die Oktobersitzung vertagte. Die SPD, Gansels Wahlverein und Mehrheitsbeschaffer, hatte noch vergeblich versucht den Nachtragshaushalt zu retten, indem sie vorschlug, die fragliche Million zu halbieren, 500.000 für Gansels teure Bürospielwiese, 500.000 für die Sporthalle.

Vor dem Eklat um Gansels zwielichtige Schiebereien und Fälschungen hatte man im Rat einigermaßen lustlos über den Haushalt debattiert. Wiedermal ging es nicht um Konzeptionelles, sondern nur darum, wie man richtig spart. Ratsherr Weyher (CDU) äußerte den Verdacht, die SPD wolle gar nicht wirklich sparen, weil sie den Antrag der CDU abgelehnt hatte, 10 Mio. aus dem KWG-Verkaufserlös als Rücklage zurückzustellen. 2,9% weniger "Sozialfälle" schlügen sich nicht im Verwaltungshaushalt nieder, man erkenne keine "strukturelle Kehrtwende". Insbesondere ein Rückgang bei der Gewerbesteuer hatte den Nachtragshaushalt getrübt (LinX berichtete). Weyher verwies auf die Luftbuchung einer zu hohen Steuerschätzung, die allein den Kernhaushalt hatte ausgeglichen aussehen lassen: "Das war ein Akt ohne Netz, der nur durch den KWG-Verkauf halbwegs gelungen ist." Der Verkauf von Tafelsilber zur Haushaltskonsolidierung werde zur zweifelhaften Methode, kritisierte Weyher auch mit Blick auf den geplanten Verkauf der Stadtwerke.

Auf die Einforderung von rigoroser Sparsamkeit als Steilvorlage durch die CDU konnte SPD-Finanzsprecher Rüdiger Kirkskothen angemessen reagieren. Er gebe der CDU Recht, "das Sparen muss weitergehen". Aber: "Wir werden gerecht sparen." Überdies, das räumte Kirkskothen ein, habe man "Glück gehabt", dass der Nachtragshaushalt noch einigermaßen ausgeglichen sei. Ob der SPD dieses Glück der Konzeptlosen, die keine öffentlichen Aufgaben und Pflichten außer Sparen als Selbstzweck mehr kennen, weiter hold ist, wird sich schon in den anstehenden Beratungen zum Haushalt 2000 zeigen.

(jm)