Ratssplitter

Der Kreis Plön bietet 100.000 DM Beteiligung, die Stadt Kiel verlangt 300.000. Zwar ist man bezüglich der Fortführung der Fördeschifffahrt im Winterhalbjahr (LinX berichtete) wieder in Verhandlungen, aber dennoch ist keine wirkliche Lösung in Sicht, die Fronten scheinen verhärtet. Die vom Kreis angebotenen 100.000 DM beruhen nach Angaben des Landrats Volkram Gebel auf den Fahrgast-Erhebungen der IGS Friedrichsort und der MaK. SchülerInnen und ArbeitnehmerInnen der letzteren, die auf dem Ostufer wohnen, wären von einer Einstellung der Förde-Nord-Linie im Winter besonders betroffen. Sollte der SFK-Geschäftsführer Eckhard Sauerbaum bei seiner Forderung bleiben, so kündigte Gebel an, werde er das Wirtschaftsministerium S.-H. um Vermittlung bitten. Die SFK sei ohnehin gehalten, ihre im Verkehrsverbund-Vertrag eingegangenen Pflichten zu erfüllen. Der VVK-Pressesprecher Walter Niebergall hielt dagegen, der Ersatzverkehr auf dem Dreiecks-Kurs Friedrichsort-Laboe-Möltenort koste 600.000 DM, insofern sei eine 50%ige Beteiligung des Kreises angemessen.

Sowohl die Quantität als auch die Qualität des Angebotes der Kieler Bühnen sieht die Kieler CDU durch die "destruktive Politik der SPD-Mehrheitsfraktion" gefährdet. Dagegen setzten die Christdemokraten sieben "theaterpolitische Thesen". Darin lehnen sie u.a. eine Fusion mit dem Lübecker Theater ab, die "Kultur"dezernent Rethage in seinem Strukturplan als eine Option zur Kostenreduktion vorgeschlagen hatte (LinX berichtete). Eine Zusammenarbeit komme indes durchaus in Betracht. Die vier Sparten (Schauspiel, Oper, Ballett, Orchester) müssten erhalten und gesichert bleiben. Zwar müsse sich auch das Theater "auf seine Effektivität hin prüfen lassen", allerdings müssten die städtischen Zuschüsse auch als "Risikokapital für das Unbekannte und Neue" angesehen werden. Auch eine mehr auf Wirtschaftlichkeit abhebende Betriebsführung habe sich vorrangig an den Interessen der Kunst zu orientieren. Eine mögliche kaufmännische Leitung habe sich der künstlerischen unterzuordnen. Bei der Opernhaussanierung sei der Mehraufwand von 6 Mio. DM ("große Lösung" gegenüber der von der SPD präferierten "kleinen Lösung", die knapp 4 Mio. DM kosten soll) notwendig, um "Schwerpunkte zu setzen".

Die grüne Ratsfraktion sieht in der Verwaltung "konkrete Hinweise auf Korruptionsgefährdung" und will daher in die November-Ratsversammlung einen Antrag einbringen, der die Erarbeitung eines Konzepts gegen Korruption vorsieht. Als Kronzeugen für die Notwendigkeit eines solchen Konzeptes führen die Grünen den Frankfurter Oberstaatsanwalt Wolfgang Saupensteiner an, einen Fachmann für Korruptionsfälle. Nach dessen Schätzungen sind städtische Auftragsvergaben um durchschnittlich 30% überteuert, weil bestimmte Unternehmen bevorzugt werden. Allein im Hoch- und Tiefbau, so die Grünen, bedeute dies in Kiel einen Verlust von 8-24 Mio. DM. Bezüglich der Firmengruppe Hinz werden die Grünen konkret. An diese seien mündlich Aufträge in Höhe von 130.000 DM vergeben worden, und es sei "nicht mehr nachvollziehbar", ob diese überhaupt ausgeführt wurden. Obwohl die Ratsversammlung dazu einstimmig eine Prüfung verlangt habe, lägen Ergebnisse immer noch nicht vor. Überdies werde überhaupt nicht datenmäßig erfasst, wie die Verwaltung Aufträge vergibt, es gebe daher keinerlei Möglichkeiten zur Kontrolle durch den Rat. Die Grünen sehen in der Hinz-Firmengruppe keinen Einzelfall. Das Rechnungsprüfungsamt habe ermittelt, dass nur 23% städtischer Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden. OB Gansel habe angesichts dessen die "Pflicht, die Verwaltung so zu leiten, dass Korruption nicht unerkannt bleibt". Für den OB ist indes sämtlicher Handlungsbedarf bereits gedeckt. Die Grünen "überziehen maßlos", greinte er, denn es gebe längst eine zentrale Stelle für die Auftragsvergabe. "Pauschale Verdächtigungen" wies Gansel zurück. In Korruptionsfällen müsse man "geräuschlos" vorgehen, das sei er "der Stadt und ihren Mitarbeitern schuldig". SUK-Chef Kottek wandte sich ebenfalls gegen "Rundumschläge und undifferenzierte Betrachtungsweisen", forderte allerdings vom OB die Aufklärung der "Vorgänge um die Kieler Woche". Die CDU will den Antrag der Grünen "sehr sorgfältig prüfen", wehrte sich jedoch dagegen, dass Verwaltungsmitarbeiter "pauschal als korruptionsgefährdet" verdächtigt würden.

Die Kessel in der Kieler Müllverbrennungsanlage (MVA) laufen bald auf Volllast. "Zur Sicherung der Gebührenstabilität", was man getrost übersetzen darf mit Sicherung kapitaler Gewinne auf Kosten der Umwelt, will die MVA nun ihre Obergrenze von bisher 120.000 Tonen pro Jahr auf 140.000 hoch schrauben. Das Umweltamt wie auch die Ratsversammlung hat das dem 1998 in die städtische Gesellschaft VVK eingegliederten Müllkrematorium, an dessen Giftausstoß die RWE-Tochter Ties Neelsen & Klöckner zu 49% Beteiligung mitverdient, bereits erlaubt. Und selbst der Kirchenkreis Kiel trägt diese Entscheidung. Er hatte der MVA für deren Erweiterung 1996 ein Grundstück zur Verfügung gestellt und die Müllmenge vertraglich auf 130.000 Tonnen nach oben beschränkt. Diese Marge wird die MVA voraussichtlich schon in diesem Jahr um 5.000 Tonnen überspringen. Die Kirche scheint's nicht zu stören, ihr Widerstand gegen die Erweiterung der MVA um einen dritten Kessel, der vor zwei Jahren Schlagzeilen machte (LinX berichtete), ist in stillschweigendes Mitmachen verwandelt. Natürlich, so verlautete aus der VVK, werde es ob der heißeren Kessel "keine technischen Veränderungen" geben, und die "strengen Emissionsgrenzwerte" würden eingehalten. Die werden dann wohl nächstes Jahr fallen, wenn auch der dritte Kessel wieder auf dem Tapet stehen wird. Mit der "thermischen Verwertung" von Müll lassen sich nämlich weiter gute Geschäfte machen. So beteiligt sich die MVA an der EU-weiten Ausschreibung für die "Entsorgung" des Restabfalls aus Flensburg, der Müll aus dem Kreis Schleswig-Flensburg wird bereits jetzt ins Kieler Krematorium gekarrt. Im Juni wurde der Abfallwirtschaftsplan für S.-H. novelliert. Somit ist nunmehr das gesamte Land potentielles Einzugsgebiet für die Kieler Müll-Pyromanen.

(jm)