Haushaltssplitter

Alle Jahre wieder will es die CDU wissen, und jedesmal bekommt sie von SPD und Grünen eine Abfuhr (noch?). Im Sozialetat stand auf der Kürzungsliste der CDU wiedermal alles, was etwas mit Frauen, Lesben, Arbeitslosen, AsylbewerberInnen und dergleichen geldgierigen Randgruppen zu tun hat. Lotta e.V. - weg, Donna Klara e.V. - weg, Arbeitslosen-Ini - weg! "Argument": "Angebote schaffen Bedürfnisse." Also, liebe Mühseligen und Beladenen, wisset: Gäbe es die Einrichtungen, an die ihr euch mit eurem Kummer wenden könnt, nicht, so wäret ihr auch nicht mehr mühselig und beladen. Das meint jedenfalls die CDU. Bei der SPD heißt sowas "aktivierende Hilfe" oder auch "Auswegberatung" oder schlicht Zwangsarbeit für SozialhilfeempfängerInnen und sonstiges faules Pack. Aber das steht auf einem anderen Blatt. Ratsherr Raupach, Marx-Bartträger und irgendwie immer noch auf dem Dampfer, dass das "S" im Namen seiner Partei was mit "sozial" zu tun hat, konterte ironisch: "Ich muss meine Äußerung in der letzten Ratsversammlung korrigieren. Da hatte ich Ihnen vorgeworfen, sie würden bei den sozialen Einrichtungen nur nach dem Prinzip vorgehen 'Der Preis ist heiß'. Jetzt wird mir klar: Sie wollen alles Soziale in dieser Stadt nicht nur evaluieren, sondern schlicht streichen. Aber da sind Gott und die SPD vor." Wenn der olle Raupach, was letzteren Satz betrifft, da mal nicht falsch liegt - auf die Zukunft gesehen.

Als Kulturschaffende ist frau in der Hauptstadt des Sparwahns kaum besser dran als SozialhilfeempfängerInnen. Die übliche Tirade der CDU gegen das Kommunikationszentrum Hansastraße 48 ("Hort von linksextremen Krawallmachern") blieb bei der Beratung des Kulturetats zwar aus, das aber nur, weil die soziokulturellen Zentren inzwischen Verträge mit der Stadt über die Förderung haben. Dennoch wird im Kulturetat um jeden müde Mark gestritten. Gegen Gansels Plan, den Veranstaltungsbereich des KulturForums im tollen Neuen Rathaus praktisch dicht zu machen, stellte die SPD 25.000 DM in den Kulturetat ein. Der Grüne Rainer Pasternak fand Gansels Entwurf nicht nur in diesem Punkt "lachhaft". Die KulturForums-Veranstalter sollten mit weniger Geld noch viel mehr machen, das sei "absolut nicht hinnehmbar". Im Kulturbereich, so Pasternak weiter, werde "ohne inhaltliches Konzept" gekürzt. Da könne man auch nicht mit dem Hammer "Aufgabenkritik" kommen. Es werde gestrichen, ohne dass die Aufgaben überhaupt definiert seien. Es sei "unglaublich, mit welcher Genauigkeit hier auf kleinste Beträge geschaut" werde.

Ein ähnliches Problem sah der grüne Ratsherr Klaus Görgner in Sachen Förderung des Fahrradverkehrs. Er kritisierte, dass der Haushalt nur ein einziges Fahrradprojekt enthalte, nämlich den weiteren Ausbau des Radwegs an der Kaistraße. Während für den Ausbau von Straßen 34 Mio. DM bereitgestellt würden, stünden für Radwege gerade mal 0,5 Mio. zur Verfügung. Ein krasses Missverhältnis. Falsch, Görgner! Radfahrer, das müsstest du wissen, sind sparsame Leute, die randständig sind. Denn wer nicht Auto fährt, um die Wirtschaft zu fördern und so Kiel und den Klima-GAU voran zu bringen, für den gibt's genauso wenig Geld wie für Sozialschmarotzer und Künstler, die sich auf Kosten der Allgemeinheit selbst verwirklichen. Alles klar?

Wenn es brennt, kommt die Feuerwehr. Oder auch nicht, weil das überalterte Löschfahrzeug nicht mehr anspringt. SPD und Grüne hatten über Gansels Entwurf hinaus gehende Mittel in den Haushalt eingestellt, damit es nicht so weit kommt. Inge Lindner (SPD) machte darin einen "übergreifenden Akt der Solidarität" aus. Was heutzutage alles so unter "Solidarität" plus Superlativ läuft ... na, egal. Jedenfalls aktivierte der OB genervt gegen Klaus Görgner (Grüne) sein rhetorisches C-Rohr. Was dieser Unterton solle, "die Feuerwehr ist auch für den OB da"? Gansel machte klar, wer hier die Macht hat: "Sie werden hier gar nichts durchsetzen! Die Verantwortung für die Ausgaben ist bei Ihnen unterentwickelt! Man kann beim Brandschutz nicht genug tun, aber man kann es auch übertreiben." Es gilt also wie immer: Wer das Geld hat, hat die Macht, bis es unterm Dienstwagen kracht. Frage nur, Herr Gansel, sollte das Ihre Karrosse sein - ob dann die Feuerwehr noch kommen kann, um Sie zu löschen? (jm)

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