Betrieb & Gewerkschaft

Quersubvention, Konkurrenz, Kooperation und Fusion

Kriegsschiffbau: Todsichere Arbeitsplätze

"Sorry, we are fully booked", können die im Rüstungsgeschäft aktiven deutschen Werften frohlocken. Die aktuelle Neuausrichtung der Bundeswehr für "Out of area-Einsätze" beinhaltet für die Marine ein Um- u. Aufrüstungsprogramm. Zusammen mit den Rüstungsexport-Aufträgen beschert dies den 15 im Kriegsschiffbau aktiven Werften und deren 400 wesentlichen Zulieferbetrieben eine Auslastung bis 2006/2008. Die Arbeitsplätze in diesem Bereich sind vorerst (tod-)sicher! Neueinstellungen insbesondere im Rüstungssegment (über ein Drittel der Werftarbeitsplätze) haben — nach jahrzehntelangem Kapazitätsabbau — in den letzten beiden Jahren zu einer Stabilisierung auf 25.000 direkt bei den Werften Beschhäftigte geführt. 50-70% eines Werftauftrages entfallen auf zugelieferte Systeme, Geräte und Materialien sowie deren Montage, davon wiederum 50% im Bereich Elektronik und Maschinenbau. Neben Schiffen werden Schiffsteile, Materialpakete und Unterlagen für den Bau von Kriegsschiffen nach Südkorea, Malaysia, Indonesien, Türkei, Griechenland, Italien, Südafrika, Brasilien usw. geliefert.

U-Boot-Bau Klasse 212 U-Boot Klasse 212: Fertigung des Druckkörpers (Foto: HDW)

80% Weltmarktanteil hält HDW Kiel mit der Tochter Kockums-Werft in Karlskrona, Schweden, zusammen mit Thyssen-Nordseewerke (TNSW) in Emden im Bereich der konventionell (nicht nuklear) angetriebenen U-Boote. Der neue außenluftunabhängige Brennstoffzellenantrieb - von Siemens u. HDW über 20 Jahre entwickelt - ein "Öko-Hit": Die Dauer der Unterwasser-Schleichfahrt wird wesentlich verlängert und es bleibt bei dem Elektolyseverfahren nur Wasser übrig. Nach dem Baustart der neuen U-Boote U212 A für die Deutsche Marine auch ein Export-Hit: Italien baut U212 A nach, Südkorea, Griechenland und Südafrika haben die Exportversion U214 bestellt, Portugal steht auf der Matte. Im Bereich der Überwasserkampfschiffe reklamieren die deutschen Werften Exportprobleme: Die -mittlerweile aufgeweichten - Exportbeschrränkungen der BRD für Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter sowie der staatliche Schutz der Werften in anderen europäischen Ländern werden von - im oder ffür den Millitärisch-Industriellen Komplex (MIK) tätigen - deutschen Managern und Politikern beklagt. Vor allem Frankreich, England und Italien halten ihre Rüstungskapazitäten mit außereuropäischen Exporten über Wasser.

Quersubventionen - im Schiffbau kein Problem

Die deutsche militärische und nicht-militärische Schiffbauindustrie ist mit massiven Subventionen profitabel gemacht und komplett privatisiert worden. Quersubventionen — bei kommunalen Versorgungsunternehmen (Stadtwerken) oder der Post häufig kritisiert und verboten — werden im Schiffbau auch von den neoliberalen Politikern und der EU gefordert und geffördert: Je nach Konjunktur "trägt" auf den Werften der Handelsschiffbau den Kriegsschiffbau oder umgekehrt!

Nationale und internationale Kriegsschiffbau-Aufträge werden meist in Arbeitsgemeinschaften (ARGE) der Werften abgearbeitet:

Hilfsschiffe, kleine Versorger und andere Einheiten werden von kleineren Werften z.B. der Schiffs- und Yachtwerft Abeking & Rasmussen in Lemwerder oder der Peene-Werft in Wolgast gebaut, repariert und instandgesetzt.

Für den interkontinentalen Einsatz bzw. zur Erhöhung der Schlagkraft und Einsatzdauer solcher Einsätze befinden sich im aktuellen maritimen Bauprogramm:

Bei der Beschaffung der Schiffe u.v.a. der Ausrüstung (Radar, Torpedos, Sensoren, Effektoren, Systemsoftware, Sonar, Marinehubschrauber etc.) gibt es wechselnde Kooperationen Deutschlands mit den Niederlanden, Italien, Frankreich, Norwegen und Kanada. Auch beim geplanten skandinavischen U-Boot Projekt ist mit deutscher Beteiligung zu rechnen.

Produkt ARGE Werft-Standorte
U-Boote (D) HDW(Kockums)/TNSW Kiel(Karlskrona)/Emden
Fregatten (D) Blohm&Voss/HDW/Lürssen Hamburg/Kiel/Bremen
Korvetten (D) Blohm&Voss/TNSW/Lürssen Hamburg/Emden/Bremen
Korvetten (RSA) HDW/Blohm&Voss Kiel/Hamburg
Große Versorger (D) Lürssen/Kröger/FSG Bremen/Rendsburg/Flensburg
Global Player — "Serbenfresser" und "Müslifresser" Seit an Seit!

Sogar für den "Erbfeind zur See" werden Kriegsschiffe gebaut: Die Flensburger Schiffbaugesellschaft (FSG) baut vier RoRo-Frachter für die Royal Navy, zwei weitere werden auf der Belfaster Werft Harland&Wollf (Titanic!) mit FSG-Plänen nachgebaut.

Internationale Arbeitsgemeinschaften, Kooperationen und Fusionen: Darin sehen auch pazifistisch orientierte Menschen eine Auflösung nationalstaatlicher Interessen, insbesondere auf europäischer Ebene. Im Rahmen der "Globalisierung" wird die Hoffnung in eine Auflösung nationalstaatlicher Interessen und eine friedliche Entwicklung des Imperialismus gesteckt. Die "Werte- u. Weltgemeinschaft" wird nur durch (regionale!) Bösewichte - die wommöglich noch auf strategischen Grundstoffen wie Erdöl hocken oder Handelswege gefährden - oder Umweltkatastrophen gestört. Und da greift sie dann, die Klammer zwischen Bellizisten und Pazifisten, wie beim Angriff auf die BR Jugoslawien: "Serbenfresser" und "Müslifresser" standen und stehen Seit an Seit für globale "moralische" Werte. Wo die "Moral"-Klammer greift, entscheiden die Produzenten und Konsumenten ökonomisch - wobei ökologisches Sendungsbewußtsein (Wale, Bäume ...!) das christliche verdrängt. Der Kaiserspruch zu Beginn des 1. Weltkriegs "Ich kenne keine Klassen und Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche!" würde heute nur bedingt ziehen. Nachdem das "Klassenbewusstsein" sukzessive durch "Markenbewusstsein" ersetzt worden ist, würde ein Kanzlerspruch "Ich kenne keine Parteien mehr, sondern nur noch Konsumenten!" mehr ziehen.

"Auch hier ist ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte förderlich. Anfang des 20. Jahrhunderts argumentierte Karl Kautsky, Nationalstaaten spielten eine immer geringere Rolle. Er entwickelte die Theorie eines neuen Ultraimperialismus, der sehr nah an das herankam, was heute als Globalisierung fröhliche Urständ feiert. Tatsächlich kam es bald darauf zum Ersten Weltkrieg, der strikt entlang der nationalen Linien verlief." (Aus "Fusionsfieber Oder: Das große Fressen" v. W. Wolf, vgl. LinX 3/01) Gegen K. Kautskys in der SPD auf fruchtbaren Boden fallende, Argumentation vom absterbenden Nationalstaat argumentierte die damals bekannte R. Luxemburg und der, zu jener Zeit noch eher unbekannte, W.I. Lenin. Letzterer antwortete K. Kautsky in seinem Buch "Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus": "Interimperialistische oder ultraimperialistische Bündnisse sind ... in der kapitalistischen Wirklichkeit, ..., notwendigerweise nur Atempausen zwischen den Kriegen. (...) Friedliche Bündnisse bereiten Kriege vor und wachsen ihrerseits aus Kriegen hervor, bedingen sich gegenseitig, erzeugen einen Wechsel der Formen friedlichen und nichtfriedlichen Kampfes auf ein und demselben Boden imperialistischer Zusammenhänge und Wechselbeziehungen der Weltwirtschaft und Weltpolitik."...

Ultra-Unsinn - Globaler Schwachsinnn

"Ultra-Unsinn" nannte W.I.Lenin 1916 die - in der Sozialdemokratie vorherrschende - Theorie des "Ultraimperialismus". Globaler Schwachsinn dürfen 2001 die vorherrschenden Theorie und Praxis bezüglich der die Menschen rund um den Globus aktuell bewegenden Fragen bezeichnet werden: Durch den (gezielt?) unwissenschaftlichen Umgang beispielsweise mit der BSE Problematik führen die bürgerlichen Politiker (im Auftrag von ...?) die Kühe auf den Schlachthof. Und in der Frage von Krieg und Frieden die Menschen auf das Schlachtfeld! Ob auf dem Balkan oder anderswo: Unter den Begriffen "Menschenrechte" und "Peace Keeping" werden ökonomische Interessen und innerimperialistische Widersprüche - selbst von Linken - ausgeblendet oder geleugnet.

Auf Nichtbehandlung plädieren offensichtlich auch die Gewerkschaftslinken in bezug auf die aktuelle Aufrüstungspolitik. Die randständigen - eher im Norden beheimateten - Arbeitskreise "Alternative Produktion" in der IG Metall scheinen aufgelöst oder zumindest - publizistisch - sprachlos zu sein. Dafür ist der - traditionell eher aus dem Süden getragene - nationale Arbeitskreis "Wehrtechnik und Arbeitsplätze in der IG Metall" - auch publizistisch - aktiver. In der Vorbemerkung im Heftt "Die Zukunft der Bundeswehr und der rüstungsindustriellen Basis - Ein Beitrag zur Sicherung von Kernkapazitäten und Beschäftigung" (Juli 2000) sieht dieser AK der IG Metall den Frieden und die Arbeitsplätze wie folgt gesichert: "Bei der Debatte um die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, die Zukunft der Bundeswehr sowie der Neustrukturierung der wehrtechnischen Industrie und die Sicherung der dort vorhanden Arbeitsplätze will die IG Metall nicht abseits stehen. Die IG Metall will sich nicht an überkommenen Strukturen festklammern, sondern sich aktiv mit eigenen Vorstellungen und Konzepten in die Diskussion, und zwar im Sinne einer Fortführung der europäischen Integration, der Beschäftigungssicherung und des Erhalts notwendiger Kernkapazitäten, einmischen." Eingemischt hat sich die IG Metall schon kräftig: Sie war Initiator und Organisator einer (letztendlich aufgelaufen) "Dumpf gegen Dumping"-Bewegung, mit der die vereinzelte EU-Schiffbauindustrie - Zwecks Aufmischung der ssüdkoreanischen Konkurrenten - auch zur europäischen Vereinigung bewegt werden sollte. Die IG Metall rührte hier kräftig die Trommel für einen Handelskrieg gegen Südkorea — und warf den Kapitalisten quasi Kriegsdienstverweigerung vor! (vgl. LinX 23/00/ LinX 24-25/00/ Linx 26/00)

Gesamtkapitalistischer Wunsch - Einzelkapitalistischer Wille

Der - vermittels des Staates transformierte - gesamtkapitalistische Wunsch muss nicht dem einzelkapitalistischen Willen entsprechen. Das zeigt sich aktuell auch in der Milititärschiffbauindustrie: In der "Gemeinsamen Erklärung Bundeskanzler und Bundesministerium der Verteidigung mit den Unternehmen der deutschen Heerestechnik- und Marineschiffbauindustrie" vom 28. Oktober 2000 heißt es unter Punkt 5. "Um die Konsolidierung der Marineschiffbauindustrie zu fördern, bilden die Unternehmen Babcock Borsig AG und Thyssen Krupp Industrie AG eine strategische Allianz. Sie werden auf eine Harmonisierung und Bündelung ihrer technologischen Fähigkeiten hinarbeiten. In ihrem Bemühen um Konsolidierung werden die Unternehmen auch die Möglichkeit einer gegenseitigen Kapitalverpflechtung prüfen."

Aktueller Prüfbericht: Wird - vorerst - nichts. Seit Monaten wurde eine (symbolische!) fünf- bis zehnprozentige Überkreuzbeteiligung gehandelt. Die BB AG hat mit 50% plus einer Aktie die unternehmerische Führung bei HDW. Mit dem angepeilten Tausch würde die BB AG die Führung bei HDW - und damit das zweite Standbein nebst gut geffüllter "Kriegskasse" - verlieren. Der Babcock Konzern hat den geplanten Ankauf der Preussag AG Anteile von 25% minus 2 Aktien (25% plus 1 Aktie hhält seit Okt. 1999 die schwedische Celsius AB) im letzten Geschäftsjahr nicht tätigen können. Aufgrund mangelnder Liquidität wird kolportiert und von der Konzernleitung vehement dementiert. Vor drei Jahren hieß es aus dem HDW Vorstand in bezug auf eine Fusion mit den beiden Thyssenwerften (TNSW, Blohm&Voss), es mache keinen Sinn, wenn sich ein Gesunder mit zwei Kranken ins Bett lege. Heute hingegen wird HDW bzw. der Babcock Borsig AG - aufgrund von Abarbeitungsproblemen bei HDW und angeblichen Liquiditätsproblemen bei Babcock (vgl. LinX 20/00, 23/00 u. 5/01) - ein ungesunder Zustand attestiert.

Bild: Einsatzgruppenversorger Im Febr. 2001 in Kiel: 1. Großer EGV "Berlin", mit Dualem Ver- u. Entsorgungssystem inkl. komplettem Hospital, wird in Wilhelmshaven stationiert (Foto: Jard)

Ob nach der "Neuaufstellung" der Babcock, im Zusammenhang mit der anstehenden Verschmelzung mit der Balcke-Dürr AG und dem Börsengang der Konzerngesellschaft Nordex (Windkraftanlagen), eine Gesundung hinsichtlich der Liquidität attestiert wird, ist ungewiss. Britische Pensionsfonds konnten diese Ungewissheit nicht mehr ertragen: Sie haben ihre Babcock Aktien abgestoßen, ein amerikanischer Aktienfond soll den 7,5% Anteil im Zuge der Börsentalfahrt billig aufgekauft haben. Auch die Neustrukturierung der WestLB wird die Entwicklung beeinflussen.

Auf der anderen Seite ist der Thyssen Konzern - unabhhängig von dem erst kürzlich (vorerst) abgeschlossenen Postengeschiebe im Aufsichtsrat und Vorstand - heute nicht mehr bereit, seine Werften (billig!) zu verkaufen. Blohm & Voss ist dagegen, nach jahrelanger Abstinenz, in den letzten drei Jahren der Wiedereinstieg in den nicht-militärischen (Mega-Yachten und Kreuzfahrer) Schiffbau gelungen. Die Belegschaft durfte sich mit einem monatlichen sieben Stunden "Aufbauopfer" beteiligen, der Hamburger Senat mit einer Bürgschaft. Anders als noch vor zwei bis drei Jahren gehört der Schiffbau - aufgrund zu erwartender Profite im Kriegs-, (Mega-)Yacht-, Fähr- und Kreuzfahrerschiffbau - wieder zum strategischen Geschhäftsfeld der Thyssen Krupp AG.

Wer mit wem und gegen wen?

Düpiert hat HDW die beiden Thyssen Werften mit dem Kauf des U-Konstruktions Unternehmen Ingenieur-Kontor-Lübeck (IKL, mittlerweile räumlich auf der Werft in Kiel integriert) und der Übernahme der schwedischen Marinewerft Kockums AB, womit HDW sich im Bereich der nichtnuklear angetriebenen U-Boote eindeutig die Systemführerschaft gesichert hat. (Die schwedischen U-Boote sind mit dem außenluftunabhängigen Stirling-Motor ausgerüstet). Die ehemalige Muttergesellschaft der Kockums AB, die Celsius AB, wurde im letzten Jahr komplett von der - zum Großteil im Rüstungsgeschäft aktiven - Saab AB übernommen. An der Saab AB ist wiederum der britische Elektronik- und Rüstungskonzern British Aerospace Systems (BAE Systems) mit 35% beteiligt! Anteile verloren hat HDW (daraufhin?) an einem sicher geglaubten Eine-Million-Euro-Geschäft: Dem Korvetten-K130-Auftrag! Blohm&Voss (in ARGE mit TNSW und Fr. Lürrsen-Werft) ist Generalauftragnehmer, mit der EADS Deutschland GmbH als wesentlichen Unterauftragnehmer. Die Rache des (der) kleinen Manager? Oder wird - Zwecks Sicherung der deutschen Dominanz in einem maritimen europäischen Verbund - mit Doppelspitze gespielt? Hier hat die franko-germanische (Aus-) Rüstungselektronikkarte gestochen! Was eine nachträgliche Einbindung von HDW nicht ausschließt! Womit die Verbindung zum anglo-germanischen Rüstungs- und Elektronik Block hergestellt ist!

Globaler Konkurrenzkampf um australische U-Boots-Werft

Den Zusammenhang bzw. die Konkurrenz zum amerikanischen Militärisch-Industriellen Komplex zeigt die Auseinandersetzung um die australische Werft ASC, an der Celsius bzw. heute Saab 49% hält: "Die von uns im Vorjahr angestrebte Erweiterung unseres Verbundes in Australien durch die Übernahme der Australian Submarine Corporation (ASC) ist zunächst in weite Ferne gerückt. Die australische Regierung hat von einem bestehenden Vorkaufsrecht über 49% der Anteile an ASC Gebrauch gemacht und arbeitet derzeit ihre Vorstellungen für die zukünftige Anteilseignerstruktur des Unternehmens aus."... (HDW-Geschäftsbericht 1999/2000) Der australische Staat hält 51% der Werft in Adelaide: Sechs U-Boote der "Collins"-Klasse wurden hier im Auftrag der australischen Marine nach Kockums-Design in den 90er Jahren gebaut. Das Projekt hing Jahre hinter dem Zeitplan zurück, und aufgrund von Problemen mit den Motoren, dem Kommunikations- und Gefechtssystem usw. ist bis heute keines der Boote gefechtsbereit! Die bisher aufgelaufen Kosten von drei Mrd. Euro haben ein Drittel des Marine-Budgets aufgezehrt und den größten Rüstungsskandal Australiens ausgelöst.

Das Angebot der HDW, den 49% Anteil zu kaufen und für Gefechtsbereitschaft zu sorgen, schien in dieser Situation für die australische Regierung verlockend. Doch der Flirt währte nicht lang: US-amerikanische Rüstungs- und Elektronikkonzerne machten den australischen Politikern schnell klar, wer bisher die Elektronik- u. Waffensysteme geliefert hat und auch in Zukunft die Wettbewerbsvorteile im asiatisch-pazifischen Raum nicht aufzugeben gedenkt! Die vier, das US-Rüstungsgeschäft quasi unter sich aufteilenden, amerikanischen Branchenführer - Lockheed Martin, Boeing, Raytheon, und Northorp Grumman - halten im Kriegsschiffbau 50% des Weltmarktes!

Nach EADS ein "Airbus zur See"?

In der EU ist im Bereich der militärischen und nicht-militärischen Luft- und Raumfahrtindustrie mit dem Zusammenschluss der deutschen DASA, der französischen Aerospatiale Matra und der spanischen CASA zur "European Aeronautic Defence and Space Company" EADS im letzten Jahr ein "europäischer" Konzern zusammengestellt worden, zerbrechlich wie die EU selbst: Deutsches und französisches Kapital dominiert und konkurriert weiter im Konzern - mit und gegeneinander. Hier boomt der zivile Sektor (Airbus), im Militärbereich wurden im letzten Jahr 1000 Stellen gestrichen, 1500 sollen folgen.

Und in der EU-Schiffbauindustrie? HDW kooperiert mit der italienischen Werftengruppe Fincantieri im U-Bootsbau (U-212) und will auch im Überwasserschiffbau die Zusammenarbeit forcieren. Mit spanischen Werften soll es Gespräche geben. Mit Ferrostaal (MAN) bildet HDW eine Bietergemeinschaft für die Hellenic Shipyards, wo auch der überwiegende Teil der deutschen Export-U-Boote für die griechische Marine gebaut wurden (U-209) und werden (U-214). Die griechische Regierung will die Werft privatisieren, neun in- und ausländische Angebote liegen vor. Frankreich sieht eine "Werften-Union" im Zusammenhang mit einem europäischen Großprojekt: Mindestens 50 Fregatten - plus 30 ffür außereuropäische Länder - sollen die europpäischen Seestreitkräfte ab 2008 modernisieren. "Den Bedarf an neuen Überwasser-Kriegsschiffen erklären Militärs. Die vom freien Seehandel und vom Weltexport lebenswichtig abhängige EU brauche sie zur U-Bootsbekämpfung. Bei Friedenseinsätzen, der zukünftigen Hauptaufgabe der europäischen Streitkräfte, müsse die Bekämpfung von Landzielen von Schiffen aus mit modernsten Marschflugkörpern möglich sein." (KN v. 26.10.00) Wieweit hier schon mit deutschen, niederländischen, britischen, spanischen ... Fregattenbauern Gespräche geführt werden ist nicht bekannt. Die Bildung einer europäische Beschaffungsagentur für Rüstungsgüter (Occar) wurde schon 1998 beschlossen: Sitz der MIK-Behörde? Bonn!

Fragen Sie Ihre Bank - Lesen Sie Rosa Luxemburg

Wann kommt er denn nun, der auch als "Airbus zur See" titulierte EU-Werften-Konzern? Fragen Sie Ihre Banken und Versicherungen oder demnächst Ihren Pensionsfond! Die bestimmen schließlich wann, wer, wo mit wem oder gegen wen. Ob transatlantisch, europäisch oder kontinental - das Kapital agiert international und bleibt national (in seiner Entscheidung!). In Deutschland wird es aus steuerrechtlichen Gründen vor 2002 keine Fusion in Form von Ver- bzw. Aufkäufen geben: Ab 2002 hat die amtierende rouge-olivgrüne Regierung Gewinne aus Firmenverkäufen von der Steuer befreit. Befreit hat Bundeskanzler G. Schröder die (deutsche?) "Wehrtechnik-Branche" auch von der Ungewissheit: Er hat der Rüstungsindustrie "Planungssicherheit" zugesagt! Auf sein Wort können sie sich verlassen - die Bosse der Banken und Konzerne! Rüstungsaufträge sind Aufträge, die "den subjektiven Schwankungen der persönlichen Konsumtion entrückt und mit einer fast automatischen Regelmäßigkeit, mit einem rhythmischen Wachstum begabt" sind, analysierte Rosa Luxemburg! Die Analyse ist alt - die aktuellen Schlussfolgerungen setzen nicht unbedingt eine linke Grundeinstellung voraus. Geistige Beweglichkeit abseits vom bürgerlichen Mainstream reicht schon. Die weitere Lektüre der LinX - möglichst vermittels eines Abos - ist da hilfreich.

(W. Jard)

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