Betrieb & Gewerkschaft

"Wewelsflehter Aufruf"

Geschäftsbetrieb gestört?

Die IG Metall Verwaltungsstelle Unterelbe ( ehem. Elmshorn) ist durch antifaschistische Aktivitäten bundesweit bekannt. Anfang Juli trat ein Betrieb aus dem Bereich mit einem "Gemeinsamen Wewelsflehter Aufruf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus – Für ein solidarisches Miteinander auf der Werft und in der gesamten Unterelberegion" in die Öffentlichkeit. "Gemeinsam Flagge zeigen" Betriebsrat und Vorstand der Peters Schiffbau AG sowie IG Metall und Nordmetall.

... "Anlass ist die Beschäftigung von rund 50 Arbeitnehmern (von Werkunternehmen aus Kroatien), die im Schiffneubau auf der Werft eingesetzt werden und dort auf dem Gelände in Wohncontainern untergebracht sind." ... schrieb die IGM-Küste an die Betriebsratsvorsitzenden der Werften und verwies auf die "Zunahme rechtsextremer Gewalttaten in der Unterelberegion" ... und endete mit der Bitte ähnliche Aufrufe zu veranlassen.

Antifaschistische Aktionen im und aus dem Betrieb werden gewöhnlich von Gewerkschafts- und Betriebsratsgremien mit dem Hinweis "Im Betrieb gibt es keine Probleme zwischen deutschen und ausländischen Arbeitnehmern!" gemieden. Unternehmensleitungen interessiert das Thema grundsätzlich nicht – nicht solange der Geschäftsbetrieb ungestört verläuft. Unwahrscheinlich, dass es sich beim Aufruf um "vorbeugendenden" Antifaschismus handelt. "Nacheilender" Antifaschismus ist zu vermuten: Der Geschäfts- bzw. Produktionsbetrieb auf der kleinen Werft an der Stör scheint gestört oder bedroht zu sein!

Nach Konkurs, Entlassungen und Neugründung wurde nur etwas mehr als ein Drittel der vorher 250 Beschäftigten wieder eingestellt. Mit 50 Schiffbauern und Schweißern ist das kroatische Werkunternehmen dominierend am Bau der Rümpfe beteiligt. Der Einsatz von Subunternehmen ist auf Baustellen und Werften – je nach Auftrags- /Terminlage und Fertigungskonzept – die Regel. Auf kleinen und mittleren Werften (z.B. Lindenau-Werft in Kiel-Friedrichsort) sind zeitweise ein Drittel bis zur Hälfte der im Schiffbau Beschäftigten meist Arbeiter kroatischer oder polnischer Schiffbaufirmen. Kürzlich drohte die Werftleitung der Lindenau-Werft im Subventionsstreit (vgl. LinX 23/ 24-25/00 u. 07/01) der Landesregierung und Belegschaft, die Kaskos grundsätzlich komplett woanders (Polen, Rumänien, Ukraine...) produzieren zu lassen.

Dass faschistische Organisationen gerade auch im Umfeld postfordistischer Abbruchbranchen (Wahl)Erfolge haben, ist nicht neu. Neu ist das Eingeständnis von betrieblichen Auswirkungen! Der "Gemeinsame Aufruf...", nebst drohender Hinweise auf (direktions-)rechtliche Maßregelungen, kann ausländischen Kolleginnen und Kollegen in Betrieb und Öffentlichkeit einen gewissen Schutz bieten – was gut ist. Doch wenn Vertreter des kapitalistischen Systems und dieses System akzeptierende Gewerkschafter im Aufruf "insbesondere" die "Dumpingpreise" (der Koreaner) als den Aufruf einleitende Erklärung für die Misere nehmen, wird damit ein nationalistisch gefärbtes Erklärungsmuster geliefert, das auf kapitalistisches Konkurrenzdenken einschwört. Auf diese ideologische Steilvorlage können auch Faschisten aufbauen! (W. Jard)

Der erwähnte Aufruf ist zu finden auf der Homepage der IG-Metall

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