Betrieb & Gewerkschaft

IG Metall Aktion "Rettungsboot" in Kiel:

K(r)ampf um Subventionen

Bosse und Betriebsräte riefen 10.000 - 700 kamen

"Mehr als 1.000 Werftarbeiter aus Kiel und Rendsburg demonstrierten für faire Bedingungen im Schiffbau", meldeten die "Kieler Nachrichten". Angekündigt hatte das Blatt auch eine Beteiligung der zahlreichen Zuliefer-Betriebe (Beschäftigte ca. 3.000) aus der KERN-Region. LinX hat gezählt: Mehr als 200 Werftarbeiter standen unter den mehr als 500 (Stand 11 Uhr: 673!) Kundgebungsteilnehmern, die sich am 20.11. ab 10.30 Uhr für eine Stunde am 8-Meter-Rettungsboot vor der U-Bootshalle auf dem Gelände der Howaldtswerke Deutsche Werft AG versammelten. Die am 13.11. in Mecklenburg-Vorpommern gestartete IGM-Aktion "Rettungsboot", mit Kundgebungen an 10 Werftstandorten, wurde bei HDW durch ein gemeinsames Flugblatt von Vorstand und Betriebsrat unterstützt: Der Werkschutz verteilte morgens an den Toren an die täglich 5.000 auf der Werft Beschäftigten - davon 3.400 auf der HDW-Lohn/Gehaltsliste - einen Aufruf, in dem zur Demo aufgerufen wurde. Die Folge: "Auffallend viele, sonst nicht zum streikbereiten und demonstrationsfreudigen Belegschaftsteil gehörende, Vorgesetzte und Angestellte standen pünktlich auf dem Platz", so ein Schiffbauer. Manche Abteilungsleiter sollen Angestellte zum Antritt "gebeten" haben. Delegierte der Lindenau-Werft und der HDW-Nobiskrug-Werft waren bei der "Dumpf gegen Dumping"-Aktion auch vertreten. (Zum aktuellen Hintergrund vgl. letzte LinX).

Eine "Kriegsähnliche wirtschaftliche Auseinandersetzung" ...

... nannte HDW-Vorstand H. J. Schmidt den Konkurrenzkampf mit Südkorea. Dem widersprach der Bezirksleiter der IG Metall F. Teichmüller nicht. Er warf den EU-Institutionen quasi Kriegsdienstverweigerung vor: "Und was tut die EU? Sie spielt tote Maus!" Die soziale Lage der südkoreanischen Werktätigen und die Inhaftierung aktiver Gewerkschafter erwähnte F. Teichmüller auch - nebenbei.

Uneinigkeit zwischen Bossen, Gewerkschaftern und Politikern schimmerte nur an einer Frage durch: Zwar gibt es "Mehr Geld für Werften und Polizei" (KN 15.11.) im deregulierten Landeshaushalt 2001 - zu Lasten v.a. von Sozialausgaben - doch die schleswig-holsteinische Regierung will sich - wie in den Vorjahren - nicht in vollem Umfang an der Co-Finanzierung (1/3 Bund - 2/3 Länder) bei der Werfthilfe beteiligen. Der Wirtschaftsminister B. Rohwer verteidigte: Seit 1988 wurden 212 Mio. Euro Wettbewerbshilfe bereitgestellt! Der HDW-Presse ist zu entnehmen: In die aktuelle "Superfast"-Serie fließen hiervon 20 Mio. Euro in die auflaufenden Verluste in Höhe von 150-200 Mio. Euro. (vgl. LinX 20/00 und 21/00)

Subventionspoker

Im Gegensatz zu den im Kriegsschiffbau satte Gewinne einfahrenden mittleren und größeren Werften schlingern kleinere Werften - kürzlich ging die Husumer-Schiffswerft mit 250 Leuten in Konkurs - oft am Rande der Insolvenz. Doch auch hier wird gepokert: Die Kieler Lindenau-Werft - Ende der 80er durch Initiativen und Aktionen von Betriebsrat und IG Metall aus dem Konkurs gerettet - hat in den letzten Jahren schwarze Zahlen geschrieben. "Wir wissen seit Oktober von Auftragsabschlüssen, die eine Auslastung bis in 2005 bringen werden", bemerkten Teilnehmer dieser Werft am Rande der Kundgebung. Die Öffentlichkeit wird wohl zum Ende der "Wettbewerbshilfe-Pokerrunde" informiert.

Die Aktion "Rettungsboot" wurde am 28.11. in Berlin beendet: Die IGM hat ihr Rettungsboot - in das nur wenige eingestiegen sind - dem Bundeswirtschaftsminister W. Müller übergeben. Rechtzeitig zur EU-Ministerratssitzung am 5.12., wo auch über eine Verlängerung der Wettbewerbshilfe diskutiert wird. Diese "Anti-Korea-Aktion" lief auch unter der Fahne des EMB (Europäischer Metallarbeiter Bund). Entsprechende - nationalistische - Aktionen an anderen EU-Schiffbaustandorten sind nicht bekannt!

Deutsch-koreanische Zusammenarbeit - im Kriegsschiffbau

Bekannt wurde eine "internationalistische" Aktion von HDW-Vorstand und Bundesregierung bei einem 820 Mio. Euro "Mords-" Geschäft (vgl. LinX 23/00): Die 3 U-Boote der Exportklasse 214 werden mit technischer Hilfe der HDW - Baupläne, Material, technische Bestandteile, u.a. die Torpedosektionen usw. - auf der Hyundai Heavy Industrial Werft gebaut, meldet das Südkoreanische Kriegsministerium (dagegen will Konkurrent Daewoo klagen: HDW hat bisher in Lizenz 9 U-Boote der Klasse 209 auf einer Daewoo-Werft für die südkoreanische Marine bauen lassen).

Durch den "Kriegszustand" im Handelschiffbau lassen sich Kapitalisten nicht von der friedlichen Zusammenarbeit im Kriegsschiffbau abhalten. Die Kapitalisten und ihr (z.Z. rouge-olivgrüner) geschäftsführender Ausschuss in Berlin sind "Internationalisten" - wenn es um (Mords-) Geschäfte geht. (w. jard)

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