Betrieb & Gewerkschaft

Werften:

Arm in Arm den Standort verteidigen

Europas Werftbesitzer und ihre Arbeiter haben einen gemeinsamen Feind entdeckt: Die südkoreanische Konkurrenz. Gemeinsam demonstrierten sie am 5.11. in zwölf Ländern für den Erhalt von Subventionen und für Druck der EU-Kommission auf Seoul. Auch bei HDW in Kiel gab es eine Kundgebung, an der sich 3.000 Arbeiter der Werft und einiger Zulieferbetriebe beteiligten. Als Redner traten u.a. HDW-Vorstandschef Dirk Rathjens und Ministerpräsidentin Heide Simonis auf. Motto der Aktion des Europäischen Metallarbeiterbundes (EMB), dem auch die IG Metall angehört, und der europäischen Schiffbauunternehmer: "Arbeit für die Werften: Zukunft für Europa".

Gewerkschafter wie Industrielle haben sich auf ihre südkoreanischen Gegenspieler eingeschossen, da diese ihnen die Preise verderben. Verfall des koreanischen Won und Lohnkürzungen erlauben es den Werft-Konzernen des Newcomers unter den Industrieländern, die europäischen Preise zu unterbieten. Zahlen der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigen, dass seit Sommer 98 Schiffsneubauten um ca. 25% billiger geworden sind. Nach Angaben der IG Metall können hiesige Werften mit den derzeitigen Weltmarktpreisen gerade ihre Rohstoffpreise decken. Bei den europäischen Gewerkschaften spricht man von Währungsdumping, ganz so, als habe die südkoreanische Regierung den Won nicht auf Intervention des Internationalen Währungsfonds (IWF) sondern freiwillig und ohne Not abgewertet. Den Südkoreanern wird gar Vertragsbruch vorgeworfen, obwohl das OECD-Abkommen über die Herstellung von Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt für Schiffe bisher nicht in Kraft getreten ist, da die USA im Gegensatz zu Seoul nicht ratifiziert haben. Nach einem Bericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung scheiterten Pläne, den Vertrag dennoch wirksam werden zu lassen, an Widerständen der Branche und einiger EU-Länder.

Dennoch wollte man nicht gegen die Verantwortlichen in Europa demonstrieren: "Der Aktionstag", läßt der EMB wissen, " soll eine politische Aktion für den Erhalt und die Verteidigung des europäischen Schiffbaustandortes sein, jedoch kein politischer Streik gegen Arbeitgeber und Politik". Von letzterer wird lediglich die Verlängerung der Werftenbeihilfen gefordert, die eigentlich hätte auslaufen sollen. Bundes- und Landesregierung haben inzwischen mehr Geld zugesagt.

Was man in den Erklärungen von EBM und IGM vergeblich sucht, ist ein Hinweis auf die europäischen Profiteure der asiatischen Krise. Banken aus der EU hatten nicht nur einen wesentlichen Anteil daran, dass sich die Privatwirtschaft an den liberalisierten Finanzmärkten Ost- und Südostasiens unkontrolliert bis über beide Ohren verschulden konnte, auch europäische Werften haben 1998 ordentlich zulangen können. Auf Grund des krisenbedingten Vertrauensverlustes wanderten viele Auftraggeber in den Westen ab. Südkoreas Weltmarktanteil ging 1998 um 6% zurück.

Zwischenzeitlich sieht die Lage allerdings wieder etwas anders aus. Obwohl das Auftragsbuch mancher deutscher Werft noch recht gut gefüllt ist, zeichnet sich auf dem Weltmarkt für Schiffe eine Flaute ab. Der Verfall der Preise habe, so die OECD, zu einem kurzfristigen Anstieg der Nachfrage geführt. Bei der OECD befürchtet man, dass viele Aufträge wegen der für die Abnehmer günstigen Lage vorgezogen wurden und daher für die Zukunft ein Einbruch der Nachfrage zu befürchten ist. Dessen ungeachtet planen südkoreanische Unternehmen eine erhebliche Ausweitung ihrer Kapazitäten. Südkorea hat derzeit einen Weltmarktanteil von 20%, Japan (trotz des starken Yens) 39% und Deutschland 5%.

Der EMB zeigte übrigens bereits während des Kosovo-Krieges Standortbewusstsein: In einer Erklärung hatte der Exekutivausschuss des Verbandes am 22.4. verlauten lassen, dass es "keine Alternative zu einer militärischen Antwort" der NATO gegeben habe. Man gab lediglich zu bedenken, "der Einsatz von NATO-Waffen gegen Serbien darf kein Selbstzweck sein". Der Ruf wurde erhört: Mit "chirurgischen Schlägen" schalteten die Bomber der westlichen Wertegemeinschaft die jugoslawische Automobilindustrie aus.

(wop)

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